Lange hat es gedauert, nun ist es endlich da: Das Solarpaket 1 wurde vom Bundestag beschlossen. Über den langen Weg zu diesem Punkt und den politischen Kuhhandel mit dem Klimaschutzgesetz soll es hier genauso wenig gehen wie über die Aufschlüsselung, in welchen Gesetzen welche Änderungen niedergeschrieben sind. In erster Linie möchte ich die beschlossenen Inhalte im Kontext der Energiewende beleuchten und auch den Bezug zu unserem Programm aufzeigen.
Übergeordnetes Ziel des Solarpakets ist die Beschleunigung des Ausbaus regenerativer Energien, indem Vorschriften standardisiert, Bürokratie reduziert und an einigen Stellen auch Anforderungen gesenkt sowie neue Möglichkeiten eröffnet werden.
Anfangen möchte ich mit dem eher trockenen Teil, zu dem mit Sicherheit das zentrale Register für Einheiten- und Komponentenzertifikate zählt. Diese Zertifikate müssen beispielsweise für Wechselrichter von Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) dem Genehmigungsantrag beigefügt werden und das läuft öfter schief, als man es erwarten würde. Oft werden Konformitätserklärungen oder Herstellerdatenblätter statt der gesetzlich geforderten Zertifikate eingereicht, wodurch die Unterlagen zur Genehmigung der Anlagen unvollständig sind und sich die Prozesse in die Länge ziehen. Ein zentrales Register, in dem nur die gültigen Zertifikate liegen, hilft hoffentlich allen Beteiligten, indem das Nachfordern der passenden Unterlagen entfällt.
Ein weiterer eher wenig diskutierter Punkt ist die Änderung der Regeln zur Anlagenzusammenfassung. Wenn zu einer bereits bestehenden PV-Anlage eine weitere PV-Anlage hinzugebaut werden soll, besteht unter gewissen Umständen die Pflicht die beiden Anlagen zusammenzulegen, wodurch die beiden Anlagen als Gesamtanlage angesehen und behandelt werden. Durch die Zusammenlegung kann es dazu kommen, dass Grenzwerte überschritten und Vorgaben umgesetzt werden müssen, die den Ausbau wesentlich teurer und damit unwirtschaftlich machen. Eine Vereinfachung kommt hier insbesondere Anlagenbetreiber_innen zugute, die mit der alten Regelung von einem Ausbau abgehalten wurden.
Solarstrom für Mieter_innen?
Von der bisherigen Regelung zu Balkonkraftwerken haben sich dagegen nur wenige abhalten lassen, diese trotzdem (ohne offizielle Anmeldung) zu installieren. Jetzt wird sie endlich geändert, sicherlich auch mit der Hoffnung, dass die Anlagen dann auch angemeldet werden. Warum ist das selten geschehen? Bisher musste neben der Anmeldung des Balkonkraftwerks im Marktstammdatenregister und beim Netzbetreiber auch häufig eine spezielle Steckdose von einer Elektrofachkraft verbaut sowie der Stromzähler vor der Inbetriebnahme getauscht werden, da der Zähler sonst rückwärtslaufen und die Stromrechnung dadurch (zum Nachteil des Energieversorgers) sinken könnte. Dies ist nun alles nicht mehr die Sorge der Anlagenbetreiber_innen, sondern der Netzbetreiber. Balkonkraftwerke müssen nur noch im Marktstammdatenregister registriert und dürfen anschließend sofort in Betrieb genommen werden. Es liegt jetzt in der Verantwortung der Netzbetreiber im Marktstammdatenregister neue Balkonkraftwerke zu suchen und die Stromzähler zu tauschen, um keine Kilowattstunden an die Kund_innen zu verschenken. Des Weiteren ist jetzt auch der Anschluss an einer herkömmlichen Schuko Steckdose erlaubt, wodurch der Aufwand des Umbaus entfällt. Mir fällt nur ein Punkt ein, der zu befürchten ist: Wenn keine Fachkraft die Elektroinstallation überprüft, könnte es vorkommen, dass ein Balkonkraftwerk an eine Steckdose angeschlossen wird, die mit einem Kabel ans Stromnetz angebunden ist, das die Belastung nicht aushält und so im schlimmsten Fall einen Brand verursachen kann.
Außerdem wurde das Repowering von PV-Dachanlagen den Freiflächenanlagen angeglichen, sodass dort jetzt – auch wenn kein Schadensfall vorliegt – Module ausgetauscht werden dürfen, um mit effizienteren Modulen die vorhandene Dachfläche besser zu nutzen.
Eine meines Erachtens essenzielle Änderung ist die Vereinfachung der Mieterstromregeln. Vermieter_innen wird nun eine bürokratiearme Lieferung von PV-Strom an Mieter_innen ermöglicht, sodass auch auf Mietshäusern die Installation einer PV-Anlage für alle Beteiligten Vorteile bringt, da es für Vermieter_innen profitabler ist, den erzeugten Strom unterhalb des Endkundenpreises, aber trotzdem noch weit über der Einspeisevergütung, an die Mieter_innen zu verkaufen.
Großanlagen werden jetzt auch über Parkplätzen gefördert
Während die bisher thematisierten Punkte vor allem kleinere PV-Anlagen betrafen, die man auch auf privaten Gebäuden findet (bis ca. 30 kW), gibt es auch einige nennenswerte Änderungen bei Großanlagen.
Neben den üblichen Freiflächenanlagen, die keine weitere Nutzung der Fläche zulassen, sollen jetzt auch Anlagen auf Parkplätzen, Wasserflächen, Mooren und über landwirtschaftlicher Fläche, die weiterhin bewirtschaftet werden kann, gefördert werden. Dies ist ein längst überfälliger Schritt, da diese Art von Anlagen gegenüber den herkömmlichen Freiflächenanlagen viele Vorteile mit sich bringen. PV-Anlagen über Mooren, Wasserflächen und landwirtschaftlichen Flächen reduzieren die Verdunstung von Wasser, das in Zukunft immer knapper werden wird. Und die Nutzung von Flächen wie Parkplätzen, die ohnehin schon versiegelt sind, sollte eigentlich selbstverständlich sein und hat hier noch den netten Nebeneffekt, dass die Fahrzeuge sich im Sommer nicht so schnell aufheizen (und dann auch weniger Energie zum Runterkühlen des Innenraums benötigen).
Des Weiteren wurden auch die Regeln zur Zertifizierungspflicht gelockert. Während bisher bei Anlagen ab 135 kW eine kostspielige Zertifizierung nötig war, ist dies jetzt nur noch ab 500 kW der Fall. Auch die Pflicht zur Direktvermarktung ab 100 kW Anlagenleistung fällt weg. Man darf den Strom jetzt auch verschenken. Was im ersten Moment absurd klingt, kann gerade für Anlagenbetreiber_innen vorteilhaft sein, die den erzeugten Strom nahezu komplett selbst verbrauchen und aufgrund der Zertifizierungspflicht nur 99,9 kW verbaut haben, obwohl die Dachflächen noch wesentlich mehr hergegeben hätten.
Alles in allem wurden mit den beschlossenen Veränderungen viele Punkte adressiert, die in unserem Energieprogramm stehen:
- Jedes Gebäude ein Kraftwerk: PV-Anlagen sind nun auch auf Mietshäusern möglich.
- Energiewende der Bürger_innen: Vereinfachte Regeln für Balkonkraftwerke ermöglichen auch den Bürger_innen, die in einem Mehrparteienhaus wohnen, ohne Umbauten und überbordende Bürokratie Teil der Energiewende zu werden. Auch der vereinfachte Mieterstrom kann den Mieter_innen in Form von günstigeren Strompreisen zugutekommen.
- Mehrfachnutzung von Flächen: Agri-PV und Anlagen über Parkplätzen werden jetzt gefördert.
- Schneller, massiver Ausbau von erneuerbaren Energien: Die neue Zertifizierungs- und weggefallene Direktvermarktungspflicht bei Großanlagen bremsen Menschen nicht mehr aus, die ihre Dachflächen komplett nutzen möchten.
Löst das Solarpaket die Probleme der Energiewende?
Insgesamt bin ich über die Änderungen sehr erfreut, da sie an den richtigen Stellschrauben drehen, den Ausbau beschleunigen und mehr Menschen die Teilhabe an der Energiewende ermöglichen. Trotzdem gibt es noch weitere Baustellen, auf denen großer Handlungsbedarf besteht:
Viele Biogasanlagen, die in den 2000ern erbaut wurden, fallen bald nach 20 Jahren aus der Förderung heraus und haben keine klare Perspektive, wie es weitergeht. Ohne eine weitere Förderung können die Anlagen nicht wirtschaftlich weiterbetrieben werden, obwohl Biogasanlagen neben Wasserkraft die einzigen erneuerbaren Stromquellen sind, die auf Knopfdruck an- und ausgeschaltet werden und so auch in Dunkelflauten erneuerbaren Strom zur Verfügung stellen können. Des Weiteren spielen Biogasanlagen in der Wärmewende eine wichtige Rolle, auf die wir nicht verzichten können.
Eine weitere Baustelle ist der Netzausbau, der schon dem alten Tempo der Energiewende nicht hinterherkam und mit der jetzigen Beschleunigung noch weiter zurückfällt. Der Zubau von PV-Anlagen und Windparks wird noch viel wirkungsvoller, wenn der erzeugte Strom nicht nur lokal genutzt, sondern durch eine leistungsstarke Infrastruktur auch überregional verteilt werden kann.
Und dann wäre da noch ein Punkt, der keine technischen, sondern soziale Themen betrifft: das Klimageld. Wenn wir alle Menschen mitnehmen und den unbestreitbaren Kraftakt der Transformation eines gesamten Energiesystems fair auf alle Schultern verteilen möchten, brauchen wir eine soziale Regelung, die das Verursacherprinzip verinnerlicht. Das Klimageld würde diejenigen entlasten, die wenig CO₂ verursachen. Wenn die Einnahmen aus der CO₂-Steuer nun in einen Klimatransformationsfond gesteckt werden, der Elektromobilität und die energetische Gebäudesanierung fördert sowie energieintensive Unternehmen entlastet, dann trifft dies diejenigen, die von der CO₂-Steuer am härtesten getroffen werden. Dies entspricht nicht dem Verursacherprinzip, da die größten CO₂-Emittenten stärker entlastet werden als diejenigen, die schon immer weniger zum Klimawandel beigetragen haben. Das ist meiner Meinung nach nicht nur äußerst unfair, sondern gefährdet auch das gesamte Vorhaben der Energiewende an sich und bestätigt das Bauchgefühl vieler, dass die Lasten nicht mehr fair verteilt werden.
Mit dem neuen Tempo der Energiewende sollten wir bei den eben genannten Baustellen schnellstmöglich weitermachen, um so die ambitionierten, wichtigen Ziele auf dem Weg zu einer klimafreundlichen Energieversorgung zu erreichen und dabei auch alle in der Bevölkerung mitzunehmen.