Die Einigung des EU-Ministerrates betrachten wir mit großer Sorge. Wir begrüßen einheitliche und wirksame europäische Regelungen. Durch den Aufbau der EU war unvermeidlich, dass es sich bei dem Weg dorthin um harte Verhandlungen handeln würde. Dass überhaupt eine Einigung erzielt wurde, ist, obwohl Deutschland augenscheinlich kaum Einfluss auf das Ergebnis hat nehmen können, positiv zu bewerten. Globale Instabilität und die Auswirkungen der Klimakrise werden Fluchtbewegungen in Zukunft nur verstärken, dafür müssen wir schon jetzt alles Nötige vorbereiten.
Dennoch erfüllt uns das Beschlossene mit großer Sorge um die Menschen, die versuchen, die europäische Außengrenze zu überqueren. Grenzlager sind schon heute oftmals völlig überfüllt und bieten keine Voraussetzungen für ein menschenwürdiges Leben. Geflüchtete, insbesondere Familien mit Kindern, nun als Regelfall unter haftähnlichen Bedingungen in ebensolchen Lagern festhalten zu wollen, droht, diese Situation nochmals zu verschärfen.
Unsäglich ist ebenfalls die vorgesehene Praxis, abgelehnte Asylbewerber in Nicht-EU-Länder abzuschieben, bei denen es sich nicht um das Heimatland handelt. Es ist völlig inakzeptabel, Menschen in ein Land zu verfrachten, zu dem diese lediglich „einen Bezug“ haben.
Wir setzen uns für eine Europäische Union ein, die ihrer Verantwortung als Allianz der Demokratien, also auch als Allianz der Menschenwürde, gerecht wird. Das bedeutet, dass wir es nicht hinnehmen dürfen, dass Tag für Tag Menschen an der Mittelmeerküste ertrinken, oder in überfüllte, schmutzige Lager gepfercht werden.
Die EU sollte eine eigene Seenotrettungsflotte unterhalten, die gemeinsam mit Absprachen mit den Küstentransitländern und mit Stabilisierungshilfe für die Herkunftsländer dafür sorgt, dass das Sterben an Europas Küsten ein Ende findet.
Wenn eine Regelung mit Prüfungen an der Außengrenze nötig sein sollte, dann unter guten Bedingungen, menschenwürdig, ohne Inhaftierung und sehr zügig. Auf keinen Fall dürfen Familien mit Kindern in Haft kommen, weil sie auf ein besseres Leben gehofft haben.