Verkehr und Mobilität

Wir Liberalen Demokraten stellen fest, dass die deutsche Verkehrspolitik zu alle Sektoren umfassenden Problemen geführt hat: Zum Laufen sind die Wege zu weit, dem Fahrrad fehlt die Infrastruktur, die Bahn ist unpünktlich und teuer und mit dem Auto steht man auf manchen Strecken inzwischen mehr, als dass man fährt.

Wir können den daraus resultierenden Kollaps des Verkehrssystems nicht hinnehmen und fordern daher, sich diesen Problemen zu stellen und auf Lösungen hinzuarbeiten, die das System vor diesem Kollaps bewahren und es zukunftsfähig machen.

Durch kluge Investitionen und die richtigen Initiativen können wir es schaffen, den Verkehr von den überfüllten Straßen in neue, günstige und klimafreundliche Verbindungen im öffentlichen Nahverkehr zu überführen, oder den Bedarf mancher Wege sogar gänzlich wegfallen zu lassen.

Wir Liberalen Demokraten setzen uns für nachhaltige Investitionen in unsere Verkehrsinfrastruktur ein. Dazu gehört es, Investitionen in Neubauprojekte sorgfältig im Vergleich zum finanziellen Bedarf der Instandhaltung bzw. des Ersatzneubaus vorhandener Infrastruktur zu betrachten. Auch die grundsätzliche Notwendigkeit neuer Verkehrswege muss ganzheitlich in einer Abwägung der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, umwelt- und klimatechnischen Auswirkungen bewertet werden.

Langfristiges Ziel der verkehrspolitischen Maßnahmen muss es sein, durch Förderungen und Schaffung von Anreizen statt durch Verbote möglichst autofreie Innenstädte zu schaffen.

I. Vermeidung motorisierten Verkehrs

Home-Office

Wir Liberale Demokraten fordern für alle Branchen, in denen dies umsetzbar ist, ein Recht auf eine mindestens anteilige Arbeit von zu Hause über moderne Kommunikationsmittel. Für einen Schreibtischjob täglich ins weit entfernte Büro pendeln zu müssen, schafft nicht nur einen übermäßigen und unnötigen Bedarf an Verkehrsmitteln, sondern schadet auch der Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch den Zeitverlust für Hin- und Heimweg und die räumliche Trennung.

Insbesondere ist dafür auch ein konsequenter und flächendeckender Breitbandausbau, gerade auch in ländlichen Gebieten, nötig.

Nähe von Wohnen, Freizeit und Arbeit

Der beste Verkehr ist jener, der gar nicht erst stattfinden muss. Deshalb fordern wir Liberale Demokraten durch intelligente Stadt- und Raumplanung eine räumliche Nähe zwischen den Orten an denen die Bürger_innen arbeiten, ihrem Zuhause und Freizeitangeboten herzustellen.

Ziel muss sein, die nötigen Wege so kurz und so gut ausgebaut wie möglich anzubieten, um diese problemlos fußläufig, per Fahrrad oder ÖPNV bestreiten zu können.

Fahrrad

Eine Verbesserung der Situation für die Fahrradfahrer_innen ist eine Kernforderung der Liberalen Demokraten. Wir wollen eine nie dagewesene Investitionsoffensive für den Radverkehr, gerade weil Radfahrer trotz etwaiger Bemühungen zu großen Risiken ausgesetzt sind. Nur mit flächendeckender, baulich getrennter und intelligent in die Städte integrierter Infrastruktur kann das Fahrrad sein volles Potenzial entfalten. Hervorzuheben sind dabei auch die sogenannten „Rad-Express-Wege“.

Außerdem ist Infrastruktur an den Schnittpunkten zwischen Rad- und öffentlichem Personennahverkehr, wie zum Beispiel durch sichere Abstellplätze, nötig und eine Fahrradmitnahme im ÖPNV muss vereinfacht, vergünstigt, beziehungsweise ermöglicht werden.

Autofreie Innenstädte

Nachdem eine Verbesserung der Raumplanung, der Fahrradinfrastruktur und des öffentlichen Nahverkehrs stattgefunden hat, sind autofreie Innenstädte realistisch. Dadurch fände sich in unseren Städten mehr Platz für die Menschen. Straßen könnten verkleinert und Parkplätze zu neuen Grünflächen werden. So kann die Luft- und Lebensqualität selbst in den dichtbewohntesten Großstädten steigen.

Autofreie Innenstädte stellen hierbei explizit keine eigenständige Forderung einer sozialliberalen Verkehrspolitik dar. Sie sind nicht durch Verbote aufzuzwingen, sondern sie müssen sich für Bürger_innen freiwillig durch die Umsetzung anderer verkehrspolitischer Maßnahmen ergeben. Im Zentrum müssen also Bemühungen stehen, den Bürger_innen Anreize zu schaffen, im innerstädtischen Bereich auf das Fortbewegungsmittel Automobil im Rahmen des Individualverkehrs zu verzichten.

II. Öffentlicher Verkehr

Der öffentliche Personenverkehr wird heutzutage innerhalb der Bevölkerung nur als notwendiges Übel, aber nicht als echte Alternative zum persönlichen Individualverkehr erachtet. Hier gilt es auf politischem Wege ein Umdenken zu erreichen und den öffentlichen Personennahverkehr und -fernverkehr zu einer echten Alternative werden zu lassen.

Günstige Nahverkehrstickets für ganz Deutschland – Das 1, 2, 3-Ticket

Das Deutschlandticket zeigt, dass mit einer entflechtung der Tarife die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs gesteigert werden kann. In Anlehnung an das österreichische 1-2-3-Klimaticket würden wir die Ausdehnung auf drei Stufen vorschlagen: Ein Ticket für den jeweiligen Nahverkehr im Verkehrsverbund oder Bundesland, eines für den Nahverkehr in ganz Deutschland (entspricht dem jetzigen Deutschlandticket) und eines für Fernverkehr (ähnlich der Bahncard 100). Die Stadtstaaten und das Saarland sollen dabei zum Tarif eines des sie umgebenden Flächenlandes gezählt werden. Angebote für die „letzte Meile“ sollten in solchen Tickets inkludiert sein.

Wichtig wäre uns bestehende Kritikpunkte am Deutschlandticket auszubessern. Dass die Fahrradmitnahme auch mit dem Deutschlandticket nicht vereinheitlicht wurde ist nicht im Sinne eines bundesweit gültigen Tickets. Außerdem sollte das 1-2-3-Ticket auch in physischer Form verkauft werden, um nicht Menschen auszuschließen, die keine Smartphones nutzen. Der digitale Verkauf des Tickets sollte im Sinne der Datensparsamkeit auch überarbeitet werden.

Alle Bürger_innen, die Sozialleistungen empfangen, und Inhaber eines Schwerbehindertenausweises (wenn nötig inklusive einer Begleitperson) sollen das Ticket für das Bundesland, beziehungsweise bei begründetem Bedarf auch das Deutschlandticket, kostenlos erhalten. Für junge Menschen sollte es auf alle Tickets Rabatte geben.

Der zu erwartende ansteigende Bedarf muss durch Investitionen ausgeglichen werden. Eine Förderung des öffentlichen Nahverkehrs durch die Solidargemeinschaft, wie sie durch eine solche Preissenkung in zunehmendem Ausmaß nötig werden würde, ist sinnvoll, weil sie mit Vorteilen für alle Bürger_innen einhergeht (Reduzierung von Staus, Klimaschutz, Umweltschutz, besseres Angebot).

 

Fahrplan

Wir stehen zum Konzept des „Deutschland-Takts“, dem bundesweit verknüpften Fahrplan. Durch diesen wären schnelle, gute Umstiege zwischen dem Fern- und Nahverkehr möglich.

Der öffentliche Personenverkehr muss durch attraktive Taktungen und Linienführungen gegenüber dem Individualverkehr an Attraktivität gewinnen, insbesondere im ländlichen Raum. Bei der Fahrplangestaltung sollte mit Blick auf die Haustür-zu-Haustür Reisezeiten ein großer Fokus auf Umsteigezeiten und Anschlussmöglichkeiten gelegt werden.

Schienenverkehr

Der Schienenverkehr ist die derzeit beste Option für schnellen, komfortablen und klimaneutralen Verkehr. Um sein volles Potenzial zu entfalten, muss eine neue Priorisierung der Bahn stattfinden.

Insgesamt muss die öffentliche Hand erheblich viel mehr in den Schienenverkehr investieren, um das Angebot flächendeckend, engmaschig und attraktiv werden zu lassen. Nötig sind dazu neue und bessere Arbeitsplätze, Fahrzeuge, Infrastruktur und Angebote. Im Zentrum dieser Bemühungen muss auch der Güterverkehr stehen.

Im Sinne der Umweltfreundlichkeit ist eine vollständige Elektrifizierung der Strecken anzustreben, um dieselbetriebene Triebwagen mittelfristig zu ersetzen.

Große Infrastrukturprojekte sollten mutig finanziert und umgesetzt werden. Nadelöhre müssen konsequent beseitigt werden, anstatt ihre Durchlasskapazitäten nur leicht zu erhöhen, um einer echten Verkehrswende den Weg freizumachen.

Europäisches Schnellzugnetz

Um den klimaschädlichen Flugverkehr innerhalb von Europa zurückzudrängen, müssen wir europäische Verkehrskorridore mit ökologischen Alternativen schaffen. Wir Liberale Demokraten wollen, dass die Nationalstaaten in die Pflicht genommen werden, die großen Lücken im europäischen Hochgeschwindigkeitsschienennetz zeitnah zu schließen. Dazu müssen europäische Fördermittel bereitgestellt und internationale Kooperationen eingegangen werden.

Auch bei bisher innerdeutschen Verbindungen sollte eine Möglichkeit der Einbettung in europäische Magistralen geprüft werden.
Außerdem soll ein gemeinsamer Ticketstandard entwickelt werden, um grenzüberschreitende Verbindungen zu vereinfachen. Nahverkehr in ländlichen Gebieten Abseits der großen Städte stellt der ÖPNV heute meist kaum eine Alternative dar. In diesen Gebieten muss der Verkehr durch die Länder subventioniert werden, um bessere Takte und Verbindungen zu ermöglichen.

Nur so kann eine langfristige hohe Attraktivität des ländlichen Raums als Alternative zur Stadt mit dem Vollzug einer Verkehrswende vereinbart werden.

III. Individualverkehr

Carsharing und Mitfahrzentralen

Für uns Liberale Demokraten sind Carsharing-Angebote eine sinnvolle Erweiterung der aktuellen Mobilitätsangebote. Sie fördern die individuelle Mobilität, können Privatfahrzeuge ersetzen und somit den Verkehr entlasten. Deshalb ist eine gezielte Förderung solcher Angebote notwendig. Es müssen Stellplätze und eine unterstützende Gesetzeslage geschaffen werden.

Kampagnen zur Steigerung der Akzeptanz dieser Angebote in der Bevölkerung sind, ebenso wie für Mitfahrzentralen, die auf einem ähnlichen Konzept basieren, sinnvoll.

Park and Ride

Ebenso wie beim Fahrrad ist eine enge Verknüpfung zwischen Individualverkehr und öffentlichem Nahverkehr sinnvoll, damit selbst bei einer schlechten Anbindung „auf der letzten Meile“ eine teilweise Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel möglich ist.

Dafür wollen wir Liberale Demokraten explizit Stellplätze ausweisen. Besonders nötig ist dies an Stadtrandlagen, um den Pendelverkehr aus den Stadtzentren fernzuhalten.

Ein verbessertes Park and Ride Angebot allein ist in seiner Wirkung beschränkt, ohne dass ein Ausbau und eine Neustrukturierung der Netze und Tarife erfolgt. Wir fordern daher, diese Maßnahmenpakete nicht aufeinanderfolgend, sondern parallel voranzutreiben.

Straßennetz

Marode Straßen und die mit ihnen einhergehenden Baustellen verlangsamen den Verkehrsfluss und erhöhen so Reisezeiten und Schadstoffausstöße. Außerdem fördern sie den Verschleiß der Fahrzeuge und stellen ein Sicherheitsrisiko dar.

Deshalb muss, an die anzustrebende Reduzierung des Individualverkehrs angepasst, das Straßennetz bundes- und europaweit modernisiert und instandgesetzt werden. Mehr im Fokus stehen soll hierbei in Zukunft auch der Lärmschutz.

Zukünftig sollten europaweit einheitliche Regularien innerhalb der jeweiligen Straßenverkehrsordnungen angestrebt werden.

Lade- und Tankstelleninfrastruktur

Im Zuge des Ausbaus der Nutzung regenerativer Energieträger im Straßenverkehr muss eine flächendeckende Infrastruktur zum Laden, oder Tanken dieser neuartigen Fahrzeuge geschaffen werden. Diese hat technologieoffen gestaltet zu werden.

Wünschenswert wären dabei interkompatible Ladesysteme, anstatt getrennter Ladenetze verschiedener Hersteller.

Geschwindigkeitsbegrenzungen und einheitliche Straßenverkehrsordnung

Sozialliberale Verkehrspolitik fordert unter umweltpolitischen, energiepolitischen, sicherheitspolitischen, geopolitischen und sozialen Erwägungen: zulässige Höchstgeschwindigkeitsbegrenzung auf allen deutschen Straßen:

Bundesautobahnen: 130 km/h
Bundesstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften: 100 km/h
andere Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften: 80 km/h
Bundes-, Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen, sowie Umleitungsstraßen der Bundesautobahnen in geschlossenen Ortschaften: 50 km/h
alle anderen Straßen (Wohnbereich, Gewerbebereich) in geschlossenen Ortschaften: 30 km/h

Zudem wird eine Vereinheitlichung der allgemeinen Geschwindigkeitsbegrenzungen innerhalb der EU im Zusammenhang mit einer einheitlichen Straßenverkehrsordnung gefordert. Hierin sind unter anderem die Verkehrsschilder mit ihren Zusatzzeichen besonders zu berücksichtigen.

Einkommensabhängige Bußgelder

Der aktuelle Bußgeldkatalog entfaltet in vielen Bereichen nicht die nötige Lenkwirkung. Eine generelle Erhöhung würde allerdings Menschen mit niedrigen Einkommen bei Verstößen vor enorme finanzielle Herausforderungen stellen. Deshalb beabsichtigen wir einen stärker einkommensabhängigen Bußgeldkatalog nach Schweizer Vorbild einzuführen.

Die neuen, höheren Bußgelder sollen insbesondere der Verkehrssicherheit und der Umsetzung der Verkehrswende zugutekommen, etwa bei Geschwindigkeitsüberschreitungen und dem Parken auf Fahrrad- und Gehwegen. Bei Behinderung sind die Fahrzeuge abzuschleppen. Schwerwiegenden Vergehen sollen anstelle von Bußgeldern früher strafrechtliche Konsequenzen treten.

Ist Fahrer*in nicht festzustellen, ist der Fahrzeughalter in die Verantwortung zu ziehen.

Das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) soll im § 17 Höhe der Geldbuße erweitert werden: (5) Bei Bußgeldern sind auch die, für die Ermittlung erforderlichen, Kosten zusätzlich zu erheben.

IV. Flugverkehr

Durch die Umsetzung klimapolitischen Forderungen der Liberalen Demokraten würde sich auch im Flugverkehr eine neue Dynamik entwickeln. Kurzstreckenflüge würden durch die höheren Preise im Vergleich zu klimaneutralen Verkehrsmitteln unattraktiv. Dieser Effekt würde verstärkt durch eine Umsetzung unserer Forderungen im Bereich öffentlicher Nahverkehr. Eine Reduzierung der Kurzstreckenflüge führt direkt zu einer Reduktion des Treibhausgasausstoßes und der Lärmverschmutzung und somit zu einer Verbesserung des Klimas, sowie der Lebensverhältnisse im Umfeld der Flughäfen.

Langfristig sollte der Flugverkehr einen Übergang zu klimaneutralen Energieträgern schaffen. Die Forschung in diesem Bereich ist zu unterstützen.

V. Güterverkehr

Eine unserer verkehrspolitischen Kernforderung ist seit vielen Jahren die Verlagerung des nationalen und internationalen Güterverkehrs weg von der Straße auf die Schiene und Wasserwege.

Durch den Ausbau des entsprechenden Schienennetzes und die nachfolgende Entstehung entsprechender weiterer Transportunternehmen auf der Schiene könnte im weiteren Schritt auch dieses Ziel erreicht werden.

Ziel muss sein, dass nur die sog. erste und letzte Meile vom Produzenten zur Schiene/Wasserstraße und von dort zum Kunden noch über den Transport per Straße erfolgt.

Bis es so weit ist, müssen jedoch die aktuellen Transportwege auf der Straße entsprechend ausgebaut werden. So werden insbesondere dringend weitere Park- und Rastplätze entlang der Autobahnen und zum Teil auch Bundesstraßen gebraucht. Diese müssen zeitnah geschaffen werden.

Fern-, Nah- und Güterverkehr sind nach Möglichkeit auf eigenen Gleisen zu betreiben.