Transparenz

Die Verflechtung von Wirtschaftsinteressen und Politik bereitet vielen Bürger_innen große Sorgen. Da aber der faire Austausch zwischen Interessengruppen und Politiker_innen auf Augenhöhe ein zentrales Element des politischen Systems ist, müssen strengere Regularien etabliert werden, um Interessenkonflikte offenzulegen und zu verhindern. Dieser Prozess muss transparent gestaltet werden, um von außen jederzeit überprüfbar zu sein.

I. Gläserne Demokratie — Offenheit schafft Vertrauen

Lobbyregister

Um Transparenz über die Grenzen unserer Partei hinweg umzusetzen, fordern wir die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters auf gesetzlicher Grundlage. Hierdurch wird die Offenlegung, mit welchen Mitteln welche/r Akteur_in politische Entscheidungen zu beeinflussen sucht, erwirkt. Diese Eintragung soll für alle Interessenvertreter_innen, welche gegenüber den obersten Bundes-, Landes- oder auch Kommunalgremien und zugehörigen Behörden tätig werden, verpflichtend sein. Mit dieser Eintragung in das Register soll eine Selbstverpflichtung der/des Eingetragenen zu einem verbindlichen und sanktionsbewehrten Verhaltenskodex einhergehen.

Das Register und der Kodex, sowie Verstöße gegen den Kodex, sollten jederzeit über verschiedene Wege öffentlich zugänglich sein.

Im Register sollen mindestens die folgenden Daten erfasst werden:

  • allgemeine Strukturdaten
  • die Anzahl der Mitarbeiter_innen
  • die Namen derer, die mit Lobbyarbeit für die eigene Organisation oder Auftraggeber/Kunde befasst sind
  • die Namen der Auftraggeber/Kunden
  • die Ausgaben für Lobbyaktivitäten der Unternehmen, Verbände, zivilgesellschaftliche Organisationen aber auch Privatpersonen
  • bei Verbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen die Herkunft der aufgewendeten Mittel
  • Agenturen, Beraterfirmen, Kanzleien und vergleichbare Unternehmen, welche Lobbytätigkeiten anbieten, müssen ihre Kund_innen, sowie die zugehörigen Budgets und den durch diese Aktivitäten erzielten Umsatz offenlegen
  • der Grund der einzelnen Kontaktaufnahme

Wer nicht im Lobbyregister eingetragen ist, handelt bei der Kontaktaufnahme zu den zuvor genannten staatlichen Einrichtungen illegal. Illegale Lobbyaktivitäten sind strafrechtlich zu verfolgen und hart zu sanktionieren. Angesichts der Summen, welche in Lobbytätigkeiten gesteckt werden, reicht ein reines Bußgeldregister nicht aus. Personen, Unternehmen, Organisationen und Verbände, die gegen die Registrierungspflicht verstoßen, verwirken ihr Recht auf eine nachträgliche oder spätere Eintragung.

Beauftragte_r für Transparenz und Lobbykontrolle

Wir Liberale Demokraten fordern zur Führung und Überwachung des Lobbyregisters eine/n Beauftragte_n für Transparenz und Lobbykontrolle neu einzusetzen. Diese/r wird auf Vorschlag der Bundesregierung durch die Mehrheit der Mitglieder des Bundestages für eine Amtszeit von 8 Jahren gewählt. Der/die Beauftragte soll zum Bund in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen, in seiner Amtsausführung nur dem Gesetz unterworfen sein, der Dienstaufsicht des Bundesministeriums des Innern unterstehen und mit den notwendigen Personal- und Sachmitteln ausgestattet werden.

Neben diesem Amt darf kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und kein Beruf ausgeübt oder der Leitung, dem Aufsichts- oder dem Verwaltungsrat eines gewinnorientierten Unternehmens noch der Regierung angehört werden. Der/die Amtsträger_in darf weder entgeltlich außergerichtliche Gutachten abgeben oder einer Beratertätigkeit nachgehen noch einer gesetzgebenden Körperschaft angehören.

Parteispenden und -sponsoring

Wir erachten die aktuell im Parteiengesetz festgeschriebenen Transparenzregeln sowie das Verbot von Einflussspenden als nur unzureichende Kontrollmöglichkeit.

Die Regularien bezüglich der Parteispenden müssen verschärft werden, um die Unabhängigkeit der Parteien als einem der wichtigsten Grundpfeiler unserer Demokratie zu garantieren.

Unserer Ansicht nach muss zunächst das weitverbreitete Parteisponsoring den Parteispenden gleichgestellt werden, gerade was die Offenlegung angeht. Zugleich müssen die Veröffentlichungsschwellen deutlich abgesenkt werden. Spenden und Sponsoreneinnahmen sollten ab 2.000 € p.a. unter Angabe der Herkunft in den jährlichen Rechenschaftsberichten der Parteien veröffentlicht werden. Derartige Einnahmen über 10.000 € p.a. sollten unmittelbar durch den Bundestagspräsidenten veröffentlicht werden. Die entsprechenden Daten sind auch jährlich über die Webauftritte der Parteien zu veröffentlichen und dort für mindestens 10 Jahre zu archivieren und abrufbar zu halten.

Wir Liberale Demokraten fordern eine entsprechende Änderung des § 24, Abs. 3 PartG.

Unter dem Gesichtspunkt der gleichberechtigten Teilnahme der Bürger_innen an der politischen Willensbildung sollten zudem Obergrenzen für Zuwendungen durch Spenden und Sponsoring eingerichtet werden.

Unternehmensspenden sind ein Weg der Industrie sich Einfluss in die Politik zu verschaffen, der in diesem Ausmaß den Bürger_innen zum überwiegenden Teil verwehrt bleibt. Daher sind Unternehmensspenden konsequenterweise zu verbieten. Ebenso müssen private Spenden gedeckelt werden, damit der Einfluss Einzelner weitgehend minimiert wird.

Daher fordern wir eine Obergrenze von 50.000 € pro Jahr und Spender/Sponsor.

Legislativer Fußabdruck

An Gesetzesentwürfen arbeiten nicht nur Ministerialbeamt_innen und Abgeordnete, sondern auch Lobbyist_innen. Diese wirken beratend ein und geben Stellungnahmen ab. Auch wenn Interessenvertretung ein elementarer Bestandteil der Demokratie ist, so kann sie hinter verschlossener Tür falsch und gesellschaftsschädigend eingesetzt werden. Ihre positive Wirkung auf die Gesellschaft kann die Interessenvertretung nur entfalten, wenn sie innerhalb der Kontrolle durch die Öffentlichkeit geschieht.

Wir fordern daher, dass jeder Gesetzesentwurf mit einem legislativen Fußabdruck versehen wird. Hierin ist aufzuführen, wer an welchen Stellen am Gesetzesentwurf mitgearbeitet hat, wer die Arbeit finanziert, sowie alle im Rahmen der Entwurfserstellung abgegebenen Stellungnahmen der im Lobbyregister geführten Interessenvertreter_innen. Den Interessenvertreter_innen, die nicht im Lobbyregister vermerkt sind, ist eine Teilhabe verwehrt.

Nebeneinkünfte politischer Mandatsträger_innen

Die Nebeneinkünfte der politischen Mandatsträger_innen haben in den vergangenen Jahren mehr und mehr zugenommen. Unserer Ansicht nach sind diese Nebeneinkünfte im Rahmen der Information der Bürger_innen zwingend unmittelbar zu veröffentlichen, mit Hinweis auf Betrag, Quelle und Zweck. Wir sehen in diesen Nebeneinkünften eine Beeinflussung der politischen Mandatsträger_innen, wodurch wirtschaftliche oder Einzelinteressen über das Wohl der Bürger_innen im Rahmen der politischen Arbeit gestellt werden könnte. Ähnlich wie beim Lobbyregister und dem legislativen Fußabdruck müssen die Bürger_innen wenigstens darüber informiert werden, wem außer den Wähler_innen sich der/die Mandatsträger_in noch verpflichtet fühlt.

Wir fordern aber nicht nur eine umfangreiche Offenlegung dieser Nebeneinkünfte, sondern zur Konzentration der politischen Arbeit auf das Wohl und die Interessen der Bürger_innen eine deutliche Reduzierung der Nebeneinkünfte politischer Mandatsträger und ihres direkten Mitarbeiterstabes.

Informationsfreiheitsgesetz

Wir fordern, das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes zu reformieren. Eine solche
 Reform sollte eine tiefgreifende Verbesserung der Informationsmöglichkeiten für
 Bürger*innen mit sich bringen und sich an dem bereits ausgearbeiteten Gesetzentwurf
 des Bündnis Transparenzgesetz orientieren und dem folgend mindestens folgenden
 Kernpunkte umfassen:

  •  Aktive Informationspflichten des Staats
  •  Bürger*innenfreundlichkeit durch Gebührenfreiheit und kurze Bearbeitungsfristen
  •  Weiter Anwendungsbereich durch Anwendung nicht nur auf Behörden, sondern z.B.
     auf Unternehmen, die staatliche Aufgaben übernehmen.
  •  Vereinfachung der Gesetzeslage z.B. durch Integration der Informationspflichten
     aus anderen Gesetzen
  •  Enge Fassung von Ausnahmen, um missbräuchliche Verschleierung zu verhindern
  •  Eine Abwägungsklausel, die einem Transparenzinteresse der Öffentlichkeit einen
     höheren Stellenwert einräumt als mögliche Geheimhaltungsgründe
  •  Informationsvorrang in anderen Regelungen um das Tranzparenzinteresse der
     Öffentlichkeit sicherzustellen, hierbei gilt das Transparenzgesetz als
     Mindesstandard
  •  Rechtsschutz für Bürger*Innen gegenüber einer sich ggfs. Verweigernden Behörde
  •  Ombudsrolle – der Informationsfreiheitsbeauftragte der Bundesregierung kann die
     Interessen der Bürger gegenüber durchsetzen.

 Die Liberalen Demokraten wirken weiterhin darauf hin, dass jedes Bundesland ein
 Informationsfreiheitsgesetz nach dem Vorbild des Hamburger IFG erhält.

II. Kompetenz und Transparenz — Stoppt das Postengeschacher!

Unser Anspruch an die Politik ist nach besten Kräften und bestem Gewissen für die Verbesserung des Landes zu streiten. Das aktuell praktizierte Prinzip der Postenpolitik steht diesem Grundsatz entgegen.

Für uns Liberale Demokraten steht Kompetenz vor Parteistrategie.

Staats-, Landes- und Kommunalposten sollten keine Arbeits- und Lohnbeschaffungsmaßnahmen für Politrentner darstellen oder als Dank für politische Treue oder sonstige Gefälligkeiten gewährt werden, da diese anspruchs- und verantwortungsvolle Aufgaben im Dienst der Bevölkerung darstellen.

Als solche sind sie auch im Rahmen der Besetzung wieder zu betrachten. Daher fordern wir diese Posten nur noch nach erwiesener Kompetenz auf dem betreffenden Gebiet zu besetzen.

Karenzzeit

Um eine Politik, die einzelnen Institutionen unfaire Vorteile verschafft, indem diese Politiker_innen eine lukrative Stellung zusichern, zu vermeiden, fordern wir eine Karenzzeit beim Wechsel von Mandaten und Regierungsämtern in die freie Wirtschaft, die mindestens eine halbe Legislaturperiode umfasst.

Weiterhin sollte, wer in den vergangenen fünf Jahren für eine Regierungspartei gearbeitet hat, dort ein Amt bekleidet oder eine andere Funktion ausgeübt hat, ebenfalls erst nach einer entsprechenden Karenzzeit in eine Führungs-, Kontroll- oder Beratungsfunktion eines Unternehmens, eines Verbandes oder einer Organisation bestellt werden dürfen.

Während dieser Karenzzeit steht den Betroffenen ein Ruhegehalt in Höhe von 60 % der früheren Bezüge zu.

Offener Wettbewerb um öffentliche Posten

Es darf bei der Besetzung öffentlicher Ämter nicht darum gehen, wen man kennt, sondern nur noch darum, was man kann.

Wir fordern entsprechend, dass bei der Besetzung leitender Führungspositionen im öffentlichen Dienst und bei der Bestellung von Aufsichtsrät_innen in staatsnahen Betrieben oder Institutionen öffentliche Anhörungen und Bewerbungsverfahren auszuführen sind, statt diese Personalien hinter geschlossenen Türen zu verhandeln.

III. Demokratie in Europa

Wir setzen uns dafür ein, die in den Kapiteln I. und II. getätigten Forderungen einheitlich auch auf europäischer Ebene umzusetzen. Die Bundesrepublik Deutschland soll hierbei die federführende Rolle in Europa einnehmen.

IV. Lobby der Bürger_innen — Sozialliberale Selbstverpflichtungen

Wir sind uns im Zuge der zuvor aufgeführten Forderungen unserer eigenen Verantwortung bewusst und werden entsprechend mit gutem Beispiel vorangehen.

Wir verpflichten uns, unsere Einnahmen weit über die gesetzlichen Standards hinaus offenzulegen.

Konkret bedeutet das:

  • alle Spenden werden auf der Website der jeweiligen Gliederung und der Bundespartei publiziert
  • Spenden unter 2.500 € pro Spender und Jahr werden anonym veröffentlicht
  • Spenden über 2.500 € pro Spender und Jahr werden mit Namen des Spenders aufgeführt
  • anonyme Spenden über 500 € werden nicht angenommen, sondern an wohltätige Organisationen weitergeleitet; dies wird ebenfalls veröffentlicht

Die Liberalen Demokraten sind seit ihrer Gründung eine Partei, die politisch für alle Menschen eintritt und die für alle Menschen offen ist und werden aufgrund ihrer sozialliberalen Grundsätze als „Lobbyist_innen der Bürger_innen“ auftreten, um deren Interessen in den Parlamenten, Gremien und der Gesellschaft zu vertreten.

Wir verpflichten uns, unsere Mitglieder und die Öffentlichkeit möglichst umfassend über interne Geschehnisse zu informieren.

Wir Liberale Demokraten lehnen jeglichen Populismus und jegliche Aufmerksamkeitshascherei ab und stellen an unsere Forderungen und Beschlüsse die Ansprüche der wissenschaftlichen Fundiertheit sowie der inhaltlichen Klarheit.

Unternehmensspenden

Spenden von For-Profit-Organisationen (Unternehmensspenden) werden nur von solchen angenommen, bei denen Interessenkonflikte und Bestechungsversuche ausgeschlossen werden können.

Dies festzustellen ist Aufgabe des Bundesvorstandes, unabhängig davon, ob die Spende an eine Untergliederung oder an die Bundespartei selbst gerichtet wurde. Derartige Spenden müssen dem Bundesvorstand durch die Untergliederungen unmittelbar nach Eingang angezeigt werden. Die entsprechenden Geldmittel sind von den Untergliederungen zurückzuhalten, bis im Bundesvorstand eine Entscheidung getroffen wurde. Grundlage für den Beschluss ist der Bericht einer unabhängigen, durch den Bundesparteitag gewählten, Kommission, oder, sollte eine solche nicht existieren, des Bundesschatzmeisters/der Schatzmeisterin. In diesem Bericht wird erörtert, ob ein Interessenkonflikt im oben genannten Sinne besteht und eine entsprechende Beschlussempfehlung an den Vorstand abgegeben. In uneindeutigen Fällen kann der Vorstand die Entscheidung nach eigenem Ermessen auch an den Bundesparteitag übertragen. In diesem Fall sind die Geldmittel zurückzuhalten, bis der Bundesparteitag über den Sachverhalt abgestimmt hat.

Alle Berichte zu den seit dem letzten Bundesparteitag eingegangenen Unternehmensspenden sind als Teil des Berichts des Bundesvorstandes vorgelegt, über ihre Ordnungsmäßigkeit wird Beschluss gefasst.

Sollte die Annahme der Spende abgelehnt werden, wird sie an die Spenderin zurückgezahlt.