Asyl und Migration

Deutschland und Europa sind nicht bereit für eine weitere Flüchtlingskrise – obwohl die Krisenherde im Nahen Osten weiter schwelen und sich durch die enorme Wohlstandsschere zwischen Afrika und Europa immer weitere Menschen von dort hierher auf den Weg machen.

Wir Liberale Demokraten wollen einer weiteren Krise durch gezielte Maßnahmen vorbeugen und unser Land gemeinsam mit seinen Partnern auf sie vorbereiten, um bei ihrem Eintreten sowohl Ordnung als auch Menschlichkeit gewährleisten zu können.

I. Flucht und Asyl

Asylanträge

Das Menschenrecht auf Asyl ist nicht verhandelbar, nicht begrenzbar und nicht aussetzbar. Wir müssen deshalb Regelungen zum Umgang mit Asylanträgen verbessern und anpassen. Anträge von Asylsuchenden sollen schnellstmöglich entschieden werden, ohne etwaige individuelle Gefährdungen dabei zu übergehen. Bis eine gesamteuropäische Behörde geschaffen wurde, sollen die Anträge nach gemeinsamen Standards von den Behörden der Mitgliedsstaaten bearbeitet werden, die wiederum stets menschenwürdig sein und den internationalen Menschenrechten entsprechen müssen.

Wir wollen, dass es möglich wird, Asylanträge bereits im Ausland zu stellen, um so auf eine lebensbedrohliche Flucht verzichten zu können.

Im Falle eines negativen Asylbescheids, bei dem kein weiteres Bleiberecht besteht und alle Rechtsmittel ausgeschöpft wurden, wird erwartet, dass die Person innerhalb von drei Monaten in ihr Herkunftsland zurückkehrt. So hat sie genügend Zeit, ihre Angelegenheiten in Ordnung zu bringen, z. B. um eine Kündigungsfrist einzuhalten, oder wenn sie an gesundheitlichen Problemen leiden, die einen größeren zeitlichen Spielraum erfordern. Sollte das nicht erfolgen, muss zügig eine Rückführung in das Herkunftsland durchgeführt werden.

Die Praxis der Anwendung und der Definition sicherer Herkunftsstaaten als Grundlage für die Ablehnung von Asylanträgen ist zwingend zu novellieren. Wir Liberalen Demokraten fordern, dass die allgemeine Definition eines Herkunftslandes als „sicher“ nicht länger Hauptgrund für eine Ablehnung sein darf. Es muss immer eine Einzelfallprüfung stattfinden, dass das entsprechende Land auch wirklich für den Asylsuchenden sicher ist. Auch müssen transparente, nachvollziehbare und vor allem strenge Regelungen für die Definition sog. „sicherer Herkunftsstaaten“ gefunden werden, so denn deren Definition weiterhin sinnig bleibt.

Einer Abschiebung von Asylsuchenden und Flüchtlingen in für sie fremde Länder muss zwingend ein Riegel vorgeschoben werden.

Fluchtursachen bekämpfen

Die beste Flüchtlingspolitik ist jene, die eine Flucht unnötig macht. Deshalb muss Deutschland und Europa sich international stärker engagieren, um Armut zu bekämpfen, Frieden zu fördern, Menschenrechte zu stärken und Lebensbedingungen zu verbessern.

Entscheidend ist dabei die Entwicklungszusammenarbeit, die langfristig bei der Überwindung des Gefälles zwischen den Lebensstandards im Westen und im Rest der Welt beiträgt, aber auch eine wirksame Klimaschutzpolitik, um Wellen von Klimaflüchtlingen zu verhindern.

Geknüpft an unserer Außenpolitik betonen wir hierzu die Wichtigkeit der Wahrung internationalen Rechtes und der Ordnung, um so ein friedfertiges Miteinander zu schaffen. Ein UN-Gewaltmonopol sehen wir als das langfristige Ziel zur Bekämpfung von Konflikten, Kriegen und somit der dadurch verursachten Flucht. Eine Ursachenbekämpfung in Form von humanitären Hilfen, Eingriffen im Rahmen internationalen Rechtes, sowie diplomatische Lösungsgesuche ist ein weiteres anzustrebendes Ziel.

Faire Verteilung in Europa

Die Asyl- und Migrationspolitik der Europäischen Union muss rechtsstaatlichen Grundsätzen sowie humanitären Vorgaben gerecht werden. Nicht jede_r kann uneingeschränkt nach Europa einreisen und hier leben – wir benötigen klare Regeln.

Um die großen Herausforderungen in diesem Bereich zu überkommen, muss eine europäische Asylbehörde geschaffen werden, die für das Verfahren von der Antragstellung bis zur Entscheidung zuständig ist. Personen mit positiv beschiedenem Asylbescheid wollen wir zunächst auf freiwillig zur Verfügung gestellte Kontingente der Mitgliedsstaaten verteilen. Sollten diese nicht ausreichen, muss ein verpflichtender Verteilungsschlüssel in Effekt treten, der das BIP, die Bevölkerung, die Bevölkerungsdichte und die bisher in Bezug auf Asyl erbrachten Leistungen einbezieht. Außerdem werden die Bedürfnisse der Asylsuchenden in ähnlicher Weise berücksichtigt, sofern die Quoten dies zulassen. Dazu gehören z. B. ihre eigenen Präferenzen hinsichtlich des Landes, in das sie geschickt werden, die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich in diesem Land aufgrund ihrer persönlichen Umstände wohlfühlen werden (z. B. werden Länder bevorzugt, in denen eine Sprache gesprochen wird, die sie beherrschen), sowie Kontakte, Bekannte, Freunde und Familie, die sie in diesen Ländern haben.

Arbeitsrecht

Mit dem Stellen eines Antrags auf Asyl soll es den Bewerber_innen ermöglicht werden, eine Arbeit auszuüben. Wer arbeiten kann und will, sollte gefördert werden, und die Arbeitgeber sollten ermutigt werden, sie einzustellen. Die Vorteile für die Integration sind enorm, und es macht keinen Sinn zu erwarten, dass Flüchtlinge und Asylsuchende hier keine finanzielle Unabhängigkeit genießen und somit einen Beitrag zur Wirtschaft leisten. Außerdem muss sichergestellt werden, dass Asylsuchende, die hier ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten, nicht ohne triftigen Grund abgeschoben werden. Sie sollten vielmehr auf dem Weg zum Erlangen eines dauerhaften Bleiberechts unterstützt werden. Wichtig ist, dass ein Schutz vor Abschiebungen nicht unmittelbar an die lückenlose Beibehaltung einer Arbeitsstelle gebunden ist, um einen Machtmissbrauch von Arbeitgeberseite zu verhindern.

Internationale Partner in der Flüchtlingspolitik

Fluchtbewegungen sind globale, transnationale Herausforderungen. Gerade bei der Regulierung stark frequentierter Fluchtrouten sind einzelne Staaten deshalb oft überfordert, oder fühlen sich nicht allein zuständig.

Hier sehen wir Liberale Demokraten Deutschland und Europa in der Pflicht, mit einem ständigen Blick auf die Menschenrechtssituation vor Ort, internationale Partner zu unterstützen, zu stärken und neue Partnerschaften zu etablieren, um sichere, menschenwürdige Lager und Routen zu schaffen.

Hierdurch wird auch dem gewerbsmäßigen Schleusertum und dem Menschenhandel ein Riegel vorgeschoben. Schleuserbanden und Menschenhändler sind rigoros zu verfolgen und strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Entsprechende Stellen sind zu schaffen und entsprechend auszustatten.

Seenotrettung

Die Seenotrettung hat im Laufe der Flüchtlingskrise an neuer Priorität gewonnen. Wir Liberale Demokraten wollen, dass niemand mehr im Mittelmeer ertrinken muss. Dazu soll ein europäischer Such- und Rettungsdienst geschaffen werden, der Menschen aus Seenot rettet und an einen sicheren Ort bringt.

Eine menschliche EU-Außengrenze erfordert ein solches solidarisches Modell, bei dem die Verantwortung nicht auf die Mittelmeerstaaten und auf NGOs unter teils menschenunwürdigen Umständen abgewälzt wird.

Es ist niemals akzeptabel, dass Asylsuchende durch gefährliche oder unmenschliche Maßnahmen zurückgedrängt werden, insbesondere nicht auf See. Es ist auch nicht akzeptabel, dass die Rettungsbehörden der Nationalstaaten einzelne Fälle von Flüchtlingen in Gefahr ignorieren.

II. Migration

Modernes Einwanderungsgesetz

Wir Liberale Demokraten wollen in der Asyl- und Migrationspolitik klare Regeln schaffen. Neben der Gewährung von humanitärem Schutz für individuell Verfolgte und Bürgerkriegsflüchtlinge ist die Schaffung eines Einwanderungsgesetzes dabei entscheidend. Dieses regelt mit einem Punktesystem nach kanadischem Vorbild die Zuwanderung. Nur wer dabei eine ausreichende Gesamtpunktzahl bei einer Evaluation verschiedener Kategorien erhält, darf in Deutschland einwandern.

Wichtig ist die Möglichkeit eines einfachen Wechsels aus Flucht respektive Asyl zu einer Einwanderung. Wenn ein Geflüchteter die Kriterien des Einwanderungsgesetzes erfüllt, kann er so auch nach Ende der individuellen Verfolgung oder des Bürgerkriegs in Deutschland bleiben. Dieses System muss so gestaltet sein, dass eine Person, die in Deutschland sozialisiert und integriert ist, nicht mehr in ein ihr fremdes „Heimatland“ abgeschoben wird.

III. Integration

Das Fundament einer jeden funktionierenden Integration liegt in der Bildung, Kommunikation, Partizipation sowie Akzeptanz und Toleranz. Jedes einzelne dieser Elemente ist für eine erfolgreiche Integration unserer Ansicht nach nötig. Dabei betrachten wir die Integration nicht als eine nur Migrant_innen betreffende Aufgabe, sondern als eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.

Bildung

Um eine gelungene Integration sicherzustellen, ist es erforderlich, dass Migrant_innen die Landessprache mindestens so gut beherrschen, dass sie alltägliche Tätigkeiten sowie kurze Unterhaltungen selbstständig führen können. Zur Aneignung sowie Vertiefung von Sprachkenntnissen sind kostenfreie Kurse von entsprechend geschultem Personal anzubieten. Dazu sind obligatorische Kurse einzuführen, die Migrant_innen allgemein über ihre Rechte und Freiheiten, aber auch Pflichten sowie die regionalen Eigentümlichkeiten aufklären. Diese Schulung kann für Heranwachsende auch im Rahmen der regulären Schulausbildung erfolgen. Im Allgemeinen ist allen Teilen der Gesellschaft auch die Diversität der Menschheit zu vermitteln, parallel zu unseren bildungspolitischen Forderungen (siehe Programmpunkt Bildung).

Kommunikation

Eine der größten Schwachstellen der Integrationspolitik der letzten Jahrzehnte war die mangelnde Kommunikation zwischen diversen Gesellschaftsgruppen. Dies wollen wir durch bestmöglich gemischte Nachbarschaften und Projekte, die diverse Personen in Kleingruppen zusammenbringen, lösen. Dadurch soll die Etablierung von Schattengesellschaften sowie Stigmatisierungen langfristig bekämpft werden.

Partizipation

Die Partizipation innerhalb der Gesellschaft als Teil der Gesellschaft ist ebenso von großer Bedeutung. Dazu ist der Zugang zu Bildung und zum Arbeitsmarkt entscheidend. Dazu soll allgemein eine erfolgte Ausbildung nach einer entsprechenden Qualitätsprüfung auch bundesweit anerkannt werden. Ebenso sehen wir die Einbindung in die demokratischen Prozesse des Landes als eine der Integration weiter förderliche Maßnahme. Weiteres dazu ist auch unter dem Programmpunkt „Demokratie“ zu finden.

Akzeptanz und Toleranz

Akzeptanz und Toleranz bedeutet das Respektieren anderer Kulturen, individueller Entscheidungen, Vorlieben, Zuneigungen oder auch der nicht dem der eigenen Person bekannten gesellschaftlichen Normenverständnis entsprechenden Dinge, solange sie auf die verfassungsgemäße Ordnung und den geltenden Gesetzen fußen. Dass Menschen divers sind und unabhängig von ihrem Aussehen, ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechtes, ihrer Sexualität, ihrer Religion, körperlicher, psychischer oder geistiger Einschränkungen und individueller Eigentümlichkeiten als solche zu respektieren sind, ist gezielt zu vermitteln.

Auch gehört es zur Akzeptanz, dass Deutsche mit Migrationshintergrund gesellschaftlich als vollwertige Deutsche akzeptiert werden, ohne auf ihren Migrationshintergrund reduziert zu werden. Wir begrüßen dabei auch duale Identitäten nach Vorbild der Vereinigten Staaten, ohne hierbei an der deutschen Identität einer Person Zweifel zu erheben. Hierbei soll lediglich relevant sein, über welche Staatsangehörigkeiten Migrant_innen und Personen mit Migrationshintergrund verfügen und mit Nationalitäten die Person sich selbst identifiziert.