Arbeit
Die Arbeit eines Menschen ist kein Selbstzweck, sondern sollte seiner Verwirklichung und Selbstentwicklung und in letzter Instanz der Gesellschaft dienlich sein.
Wir, die Liberalen Demokraten, vertreten ein positives Gesellschaftsbild, welches auf die Zukunft ausgerichtet ist. Dabei verfolgen wir den Anspruch eines lebenslangen Lernens und schließen hierbei ausdrücklich auch Fortbildungen und weitere sinnvolle berufsbildende Maßnahmen ein, die dem Menschen dienlich sind, seine Begabungen verstärken und somit in Konsequenz auch für die Gesellschaft nutzbringend sind.
I. Die Zukunft des Arbeitsmarktes– Chancen und Herausforderungen
Damit die Menschen weiterhin auf einem Arbeitsmarkt der Zukunft, der von Digitalisierung und Flexibilität geprägt sein wird, Chancen auf Selbstverwirklichung und -entwicklung haben, ist es zwingend notwendig, dass die Ausbildungs- wie auch Weiterbildungsmöglichkeiten für alle verbessert werden.
Lebenslanges Lernen wird keine Nice-to-have-Option mehr sein, sondern einen integralen Bestandteil des Arbeitsmarktes darstellen. Eine weniger qualifizierte respektive anspruchsvolle Arbeit wird immer mehr durch die Chancen und Risiken der Digitalisierung und Automatisierung verdrängt. Um hierbei einer Arbeitslosigkeit mit all ihren Folgen vorzubeugen, sind regelmäßige Fortbildungen, Weiterbildungen oder Spezialisierungen für die einzelnen Personen nötig, welche von der Agentur für Arbeit zu finanzieren sind.
Um so auch in Zukunft Schulabsolvent_innen besser auf das Berufsleben vorzubereiten, muss eine zielführende Beratung der Bundesagentur für Arbeit, aber auch anderen Anlaufstellen (Informationsangebote durch die Unternehmen und Schulen) stattfinden. Viele Versuche scheiterten in der Vergangenheit daran, dass lokalen Initiativen Fördergelder gestrichen wurden oder schlichtweg das nötige qualifizierte Beratungspersonal nicht mehr vorhanden war. Eine Verzahnung zwischen den Schulen und der Bundesagentur für Arbeit findet zwar schon heute statt, allerdings muss hier mehr geschehen. Es wäre etwa denkbar, dass an Schulen eine ständige Vertretung der Agentur für Arbeit etabliert wird. Diese könnte Aktionen und Unterrichtseinheiten zur Berufs- und Interessensfindung durchführen, um den Schüler_innen einen ersten Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen und gleichzeitig als niederschwellige Anlaufstelle bei Fragen dienen.
Hierfür wird mehr Personal gebraucht, welches wir durch den Abbau von Verwaltungspersonal schaffen wollen (s. II.). Auch eine vermehrte Zusammenarbeit mit Berufsakademien, wie es erfolgreich in Baden-Württemberg gemacht wird, stellt eine sinnvolle Maßnahme dar (hierzu mehr unter dem Programmpunkt „Studium und Ausbildung”).
Vereinbarkeit von Bildung, Arbeit, Familie und individueller Freiheit
Um den beschriebenen Herausforderungen der Moderne zu begegnen, belasten sich immer mehr Menschen — sei es in der Arbeitslosigkeit, in diversen Weiterbildungen oder auch im finanziellen Sinne. Immer mehr Eltern werden gedrängt, mehr zu arbeiten oder mehrere Jobs anzunehmen. Dies geht nicht selten zulasten der eigenen Familie.
Das Recht zur Gründung einer Familie ist ein zentrales Menschenrecht. Dementsprechend müssen möglichst flexible Arbeitszeitmodelle gefördert werden, sofern diese in ihrer Weise umsetzbar und praktikabel sind. Im Besonderen wollen wir hier auf die Lage von Alleinerziehenden aufmerksam machen, die in ihrer Berufsausbildung und in weiteren Fortbildungen im Besonderen auf Unterstützung und flexible Arbeitszeitmodelle angewiesen sind. Gleiches sollte aber auch für Personen gelten, die bspw. aus persönlichen Gründen zeitlich oder räumlich eingeschränkt sind und die nach tradierten Arbeitszeit- und Arbeitsplatzmodellen bislang benachteiligt wurden. Dies schließt bewusst auch ein grundlegendes Recht, aber keine Verpflichtung auf Homeoffice, auch bereits in der Berufseinstiegsphase, ein.
Individuelle Entfaltung und das Gemeinwohl zählen zu unseren höchsten Gütern und es gilt ihnen daher auch im Berufsleben gerecht zu werden.
II. Reform der Bundesagentur für Arbeit
Durch das faire Grundeinkommen werden die bisherigen Transferzahlungen und Sozialausgaben wie die Grundsicherung und das ALG II wegfallen; auch zusätzliche bedarfsbedingte Ausgaben werden pauschal eingeschränkt, da die Menschen nun über andere und bessere Möglichkeiten verfügen.
Hierdurch werden nicht nur in der Bundesagentur für Arbeit Verwaltungsstellen frei, die wir zur Verbesserung der Vor-Ort-Beratung einsetzen wollen. So schaffen wir eine Beratung, die sich nicht mehr mit Sanktionsmaßnahmen oder dem bürokratischen Dschungel auseinandersetzen muss, sondern Menschen individuell und bedarfsorientiert vor Ort beraten und unterstützen kann. Sie werden in Zukunft der Beratungspartner / die Beratungspartnerin für die Arbeits- und Hilfesuchenden. Ein weiterer Punkt, der uns im Besonderen wichtig ist, ist die Einführung eines Fort– und Weiterbildungszentrums, das der Bundesagentur für Arbeit anhängig ist. Dadurch sollen in Zukunft sinnvolle Angebote für Arbeitssuchende und Interessierte geschaffen oder gezielt an sie weitervermittelt werden.
Es darf schlichtweg nicht sein, dass Arbeitssuchende von einer wenig hilfreichen „Weiterbildung“ zur nächsten geschickt werden und diese kaum eine Relevanz für die Zukunft dieser Menschen hat — und das alles nur, um die Arbeitslosenstatistik künstlich klein zuhalten. Ein immer wichtiger werdendes Gut, das lebenslange Lernen, wird auf diese Weise zulasten der Menschen instrumentalisiert und ad absurdum geführt durch mehr oder minder sinnfreie Maßnahmen, die z. T. unter finanziellem Zwang angewendet werden.
Die Zukunft der Arbeitssuchenden–Maßnahmen
Ein Verlust der Arbeitsstelle wird auch in Zukunft kaum zu vermeiden sein. Nicht wenige Menschen sind mit ihrem Job oder den Rahmenbedingungen nicht mehr zufrieden, wollen sich neu erfinden oder werden aus anderen Gründen aus ihrer alten Arbeitsstelle gedrängt.
Das Arbeitslosengeld I (60 % des vorherigen Einkommens über maximal ein Jahr) ist ihnen dabei eine große Hilfe. Dieses wollen wir auch in dieser Form beibehalten, da es sich bewährt hat. Die Arbeitslosenversicherung ist eine deutsche Erfindung, wurde vielfach international „exportiert“ und bleibt weiterhin ein integraler Bestandteil in der Absicherung der Menschen.
Der nach dieser Zeit erfolgende Absturz auf ALG II ist unserer Meinung nach zu harsch und mit vielen Entbehrungen versehen. Dies wird bereits durch das faire Grundeinkommen, welches wir Liberale Demokraten etablieren wollen, aufgefangen.
Zusätzlich fordern wir, dass in Zukunft alle Fort– und Weiterbildungskosten von Arbeitssuchenden durch die Bundesagentur für Arbeit getragen werden: Diese sind also nicht Bestandteil des fairen Grundeinkommen oder durch dieses selbst zu finanzieren.
Ein weiterer Anreiz für bemühte Arbeitssuchende wird die Reform der sogenannten „Minijobs“ oder auch der geringfügigen Beschäftigung sein. Die geringfügige Beschäftigung in ihrer heutigen Form soll nur noch als „geringfügig–entlohnte Beschäftigung“ parallel zum fairen Grundeinkommen existieren.
Diese Form der Beschäftigung muss sich natürlich für beide Seiten lohnen — sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer. Damit beide Anreize bekommen, günstige Arbeit für geringe Arbeitszeit zu erbringen oder zu erhalten, müssen unserer Meinung nach drei Faktoren stimmen: Erstens sollte die Arbeitszeit als solche begrenzt werden, um Missbrauch dieses Modells vorzubeugen. Zweitens erhält der Arbeitnehmer durch seine Tätigkeit einen Zuschuss zu einer Krankenversicherung, wobei er nichts einbezahlen muss. Und drittens wird die gesetzliche Entlohnung auf mindestens 75 % des ansonsten geltenden Mindestlohnes festgelegt. Dies stellt stellt aufgrund der beschriebenen Umstände immer noch
eine faire Entlohnung dar. Arbeitgeber und –nehmer haben somit einen finanziellen Anreiz zur Stellenaufnahme und zusätzlich erhält der Arbeitswillige einen potenziell wichtigen Einblick in ein bestimmtes Arbeitsfeld. Von dieser Regelung können also alle profitieren.
Benötigt der Arbeitgeber mehr geleistete Arbeitszeit und möchte er dazu das bereits bekannte, geringfügig–beschäftigte Personal einsetzen, so wird der Arbeitgeber praktisch dazu motiviert, mit der geringfügig–beschäftigten Person einen regulären Arbeitsvertrag zu den allgemeingültigen Tarifbedingungen oder zumindest dem Mindestlohn einzugehen.
Sogenannte „Ein-Euro Jobs“ lehnen wir grundsätzlich ab und fordern, dass diese Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung komplett abzuschaffen sind, da sie letztlich von Arbeitgebern dazu missbraucht wurden, Billigarbeiter zu ergattern und kostenintensivere Stellen abzubauen. Das Konzept hat sich letztlich in der Praxis für die Gesellschaft als nicht fruchtbar erwiesen.
Besonders weiterbildungswillige Arbeitssuchende sollen in Zukunft eine geringe Pauschale zusätzlich zum fairen Grundeinkommen von der Bundesagentur für Arbeit erhalten; sie werden für diese Zeit so zu sagen von der Bundesagentur für Arbeit angestellt in ihrem Bemühen.
Der Reformprozess der Bundesagentur für Arbeit muss bei all diesen Neuerungen von Feedback und steten Supervisionsmaßnahmen begleitet werden, Reformen müssen dabei stetig angepasst werden, wenn sie nicht zum gewünschten Ziel führen — einer am Menschen orientierten Beratungs– und Dienstleistungsaufgabe, die nicht dem Staate, sondern dem Individuum dient.
III. Tarifverträge
Tarifverträge, die von Gewerkschaften ausgehandelt und im besten Falle von allen übernommen werden; sollen die Zukunft der Preis– und Lohngestaltung für Unternehmen und Arbeitnehmer_innen sein.
Wir Liberalen Demokraten merken hierbei jedoch an, dass einige der von Gewerkschaften ausgehandelten Tarifverträge teils schlechtere Arbeitsbedingungen festsetzen, als dies ohne einen solchen der Fall wäre. Daher bedarf es in solchen Fällen einer zeitlich begrenzten und regelmäßigen Auswertung der Umstände, die solche Ausnahme–Tarifverträge vor der Gesellschaft rechtfertigen. Dies könnte bspw. aufgrund eines unverschuldeten und hohen Umsatzeinbruchs und dem damit einhergehenden drohenden Stellenabbau der Fall sein.
Die Abschaffung der Auslagerung von Arbeitsverträgen an Drittunternehmen zur Einsparung von Personalkosten stellt sowohl für Arbeitnehmer_innen als auch für Betriebe eine große Umstellung dar. Dieses Leiharbeitsmodell lehnen wir Liberalen Demokraten stringent ab und fordern zudem eine lückenlose Begrenzung von Zeitarbeitsverträgen. Es ist geradezu eine Verhöhnung des Modells, wenn insbesondere der öffentliche Arbeitgeber von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, um vorwiegend Personalkosten einzusparen. Zeitarbeit an sich kann Sinn ergeben, wenn sie stark zeitlich eingegrenzt wird und Schlupflöcher zum Missbrauch des Systems behoben werden.
Vielmehr sollten die Betriebe oder die Arbeitgeber daran Interesse zeigen, ihr qualifiziertes Fachpersonal für ihr Unternehmen langfristig zu gewinnen und auch am Erfolg teilhaben zu lassen. So sind speziell die Ausschüttung von Unternehmensanteilen und –gewinnen an die Belegschaft ein probates Mittel, um die Arbeitseffizienz und den Umsatz zu steigern. Gleichzeitig profitieren hiervon auch die Arbeitnehmer_innen.
IV. Mindestlohn
Wir bekennen uns zur Mindestlohnkommission in ihrer derzeitigen Form. Diese nimmt jährliche Erhöhungen des gesetzlichen Mindestlohnes vor und prüft dabei neben dem Inflationsausgleich weitere wichtige Kriterien, wie beispielsweise die Wettbewerbsverträglichkeit. In diesem Zusammenhang lehnen wir willkürliche Anhebungen des Mindestlohnes ab. Ohnehin sollte der Mindestlohn in einer funktionierenden Wettbewerbsordnung nicht der Standard sein, sondern lediglich eine Lohnuntergrenze, die ein menschenwürdiges Leben mit sozialer Teilhabe sichert. Der Fokus in einer sozial marktwirtschaftlichen Wettbewerbsordnung muss klar auf branchenspezifischen Tarifverträgen liegen. Die Abnahme der Tarifbindung in den vergangenen Jahren ist als wesentlicher Grund für einen zu wenig regulierten Niedriglohnsektor zu sehen.
Die willkürliche Erhöhung des flächendeckenden Mindestlohns ist jedoch kein geeignetes marktwirtschaftliches Instrument, um diese Entwicklung zu korrigieren. Durch gezielte politische Maßnahmen sollen Anreize geschaffen werden, damit Auftragnehmer und Arbeitgeber Mitglied in ihrem zuständigen Arbeitgeberverband werden. Hierzu zählt unter anderem, dass öffentliche Auftraggeber bei Ausschreibungen und der Vergabe von Aufträgen die geltenden Tarifvertragsbedingungen anerkennen.
Weiterhin ist es notwendig, mögliche Schlupflöcher, mit denen Arbeitgeber versuchen, den Mindestlohn zu umgehen, zu schließen. Um sicherzustellen, dass alle Arbeitnehmer_innen den ihnen zustehenden Mindestlohn tatsächlich erhalten, ist es notwendig, gerade im Niedriglohnsektor die Aufzeichnungspflicht für geleistete Arbeitsstunden zu verschärfen.
Auf die soziale Verträglichkeit der Mindestlohnhöhe achtet die Mindestlohnkommission grundsätzlich bei ihren Festlegungen. Dennoch können kleine Erhöhungen, besonders in wirtschaftlich schweren Zeiten, kleine und mittelständische Unternehmen, z. B. im Handwerk und der Gastronomie schwer treffen. Deshalb fordern wir, dass Unternehmen mit unter 50 Beschäftigten staatliche Lohnsubventionen bei der Zahlung der Mindestlöhne unterstützt werden, sofern die wirtschaftliche Lage des Unternehmens dies notwendig macht. Hierbei ist besonderes Augenmerk auf die Einhaltung fairer Arbeitsbedingungen zu legen.
Für verschiedene Bereiche, wie z. B. in der Pflege, können auch höhere gesetzliche Mindestlöhne festgesetzt werden. Hierdurch sollen die Bereiche auch finanziell anerkannt und für Entlastungspersonal geworben werden. Tarifliche, höhere Vereinbarungen werden hiervon nicht betroffen.