Hinweis: Meinung
Wir sind eine selbstbewusste, vielfältige Partei mit durchaus unterschiedlichen Meinungen unserer Mitglieder. Debatten und Meinungsverschiedenheiten schaden uns nicht, sie stärken uns. Das Einzige, was schlimmer ist als eine Partei, die sich ständig uneinig ist, ist schließlich eine Partei, die sich ständig einig ist.
In diesem Bereich “Meinung” können einzelne Mitglieder der Partei ihre Meinung zum Thema des Tages äußern und repräsentieren nicht die Ansichten der Partei als Ganzes.
Die Inhalte des am Freitag veröffentlichten Sondierungspapiers der Ampel-Parteien wecken Hoffnung auf eine verhaltene Modernisierung unseres Landes. Der Kompromiss zwischen Grünen, FDP und SPD trifft in Teilen das, wofür die sozialliberalen Liberalen Demokraten stehen: Ökologischen Aufbruch, sozialen Ausgleich und bei allem die individuelle Freiheit aller als Leitziel. Leider ist nicht jeder dort erzielte Kompromiss einer, der unser Land voranbringt, sondern oft nur ein kleinster gemeinsamer Nenner.
Gerade die FDP konnte viele ihrer Wahlkampfthemen platzieren. Ein „Nein“ zum Tempolimit, teilkapitalgedeckte Rente, keine Steuererhöhungen. Die Einführung eines Staatsfonds wäre ein Schritt in die richtige Richtung, hin zu mehr Generationengerechtigkeit. Das Fallenlassen des Tempolimits auf Autobahnen kann man dagegen höchstens den Grünen positiv anrechnen: Hier wurde Realpolitik betrieben und eine kontroverse, aber wirkungsarme Maßnahme, wie man vermuten darf, gegen wirkungsvolle Politik getauscht.
In vielen Bereichen folgt das Geschriebene dem Duktus „Wenn du nichts Gutes zu sagen hast, schweige“. Kein Wort zur Bildung als Bundessache, keine große Vision für ein Schulsystem auf Weltniveau. Suchtkranke aus dem Fadenkreuz der Strafverfolgung zu nehmen, bedingungslose Bekämpfung von Wohnungslosigkeit und ein Grundeinkommen als Garantie für ein Leben in Würde finden ebenfalls keinen Platz. Stattdessen Plattitüden und Politik des kleinsten gemeinsamen Standpunkts.
Oft bleibt das Papier so vage, das Absätzen kein Sinn zu entnehmen ist. Ein besserer „Zugang zu Daten“ soll „neue innovative Geschäftsmodelle in der Digitalisierung“ ermöglichen. Das kann von sinnvoller Open Data Initiative bis Aushöhlung der Bürgerrechte alles heißen.
Dass eine echte Steuerreform ausbleibt, ist so berechenbar wie unsozial. Alle beteiligten Parteien hatten Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen in Aussicht gestellt, von denen wie so oft nach der Wahl niemand mehr etwas wissen will. Klar, die vielen Investitionsmaßnahmen der Partner wollen finanziert werden. Dann wäre es aber mit Blick auf die soziale Gerechtigkeit fair gewesen, mit einer Vermögenssteuer mit einem Millionärsfreibetrag Kapitalrenditen von Spitzenverdienern zu reduzieren, statt die enormen Belastungen der Jahrhundertaufgaben Digitalisierung und Klimaschutz weiter auf den Schultern der Mitte der Gesellschaft ruhen zu lassen.
Besorgniserregend ist die im Papier enthaltene Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes, das Nein zur Bürgerversicherung und das Festhalten an Fallpauschalen. Das Gesundheitssystem bleibt wohl weiter eines, in dem der Patient vorrangig Kunde ist, statt Mensch.
Zu hoffen bleibt, dass die Koalitionäre ihre Versprechen zur Demokratiereform einhalten. Dort werden kleine, aber richtige Schritte wie das Wahlrecht ab 16 und eine Verkleinerung des Bundestags angesprochen. Wie immer kommt aber die korrekte Meinungsrepräsentation der Bevölkerung in einem Vorschlag der bereits Gewählten nicht zur Sprache. Ein Präferenzwahlrecht und eine Anpassung der 5%-Hürde, damit endlich alle abgegebenen Stimmen Vertretung im Bundestag finden, sucht man dort vergebens.
Die Ergebnisse zeigen deutlich, wozu sozialliberale, ökologische Politik fähig wäre, wenn sie eben nicht nur an einer gelben Ampel den Motor warmlaufen ließe, sondern tatsächlich zur Aufholjagd anfahren würde. Dafür kann man sich aber nicht auf wackelige Dreiparteienmehrheiten verlassen, sondern braucht eine Partei, die Modernisierung, Fairness und Freiheit von Anfang an in ihrer Politik vereint. Eine sozialliberale Partei. Die Liberalen Demokraten.
Paul Vossiek
Paul studiert Technische Informatik (B.Sc.) an der RWTH in Aachen. Im Fokus seiner politischen Arbeit stehen Digitalpolitik, Transparenz und Bürgerrechte.