Wirtschaft

Die wirtschaftliche Lage unseres Landes beeinflusst alle Bereiche unseres Lebens und unsere Position in der Welt wie kein zweiter Politikbereich. Umso erschreckender sind die Aussichten für die Wirtschaftsstandorte Deutschland und Europa. Wir Liberale Demokraten verfolgen das Ziel, dass auch in Zukunft weltmarktfähige Produkte in Europa im großen Stil erdacht und produziert werden. Dafür wollen wir unser Land und unseren Kontinent mit einer beispiellosen Aufholbemühung wieder voll wettbewerbsfähig machen.

In Fragen der Wirtschaft vertreten wir, wie überall sonst, den sozialen Liberalismus. Die deutsche Erfolgsgeschichte „soziale Marktwirtschaft“ wollen wir diesem Ansatz folgend zu einer „fairen Marktwirtschaft“ weiterentwickeln. Darunter verstehen wir ein Wirtschaftssystem, das Privateigentum und Unternehmertum schützt und wertschätzt, ohne jemals die Sicherung der Würde aller Menschen und die Freiheit der nächsten Generationen aus den Augen zu verlieren. Wir wollen Wachstum nachhaltig und gerecht gestalten. Eine florierende Wirtschaft ist Mittel zur Wahrung und Vermehrung der individuellen Freiheit der Bürgerinnen und Bürger. Die Freiheit des Marktes muss sich diesem grundsätzlicheren Freiheitsziel unterordnen.

I. Machen wir Deutschland zum Traumstandort

Ein Staat, der nicht im Weg steht

Bürokratie blockiert und belastet nicht nur im Alltag, sondern hemmt auch die wirtschaftliche Entwicklung. Ein überbordendes, historisch gewachsenes Geflecht aus Auflagen und Verordnungen macht den Standort Deutschland unattraktiv. Das konnten auch die politischen Beteuerungen der letzten Jahre und Jahrzehnte nicht ändern.

Die Antwort hierauf kann kein genereller Kahlschlag sein, der die oftmals überaus berechtigten Gründe für die Einführung von Regulierungen vergisst. Stattdessen müssen alle Bestandteile des Bürokratieapparats grundlegend auf Verhältnismäßigkeit, Sinnhaftigkeit und Praxistauglichkeit überprüft werden. Vereinfacht gesagt: „Alles, was nicht wirkt, oder mehr schadet als nutzt, muss weg“. Diese simple Parole soll allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, wie kompliziert Bürokratieabbau sich in der Praxis gestaltet. Er ist ein Zusammenspiel aller Staats- und Verwaltungsebenen und ein dauerhafter Prozess, den jede geplante neue Regulierung wieder anstößt.

Diesem Kreislaufcharakter muss das Handeln der Politik Rechnung tragen. Bürokratieabbau ist kein einmal umlegbarer Schalter. Er muss als Denkansatz seinen Weg in den Kern von Gesetzgebung und Verwaltung finden. Aufgabe der Politik ist, die dafür nötigen Weichen zu stellen. Dazu gehört, Regulierungen stets an der Sicherstellung der Zielerreichung auszurichten, statt übermäßige Bestimmungen über den Weg dorthin vorzunehmen. Die Entwicklung von Verordnungen sollte zudem immer wieder direkte Rücksprache zu potenziell betroffenen Unternehmen beinhalten, um die realen Auswirkungen abschätzen zu können.

Der Kontakt mit den Unternehmen ist es auch, der für die Reduzierung bestehender Bürokratie entscheidend ist. Durch ihn können diejenigen Regelungen, mit denen die höchste Belastung einhergeht, bestimmt werden. Das bedeutet nicht, dass Politikerinnen und Politiker die Forderungen von Unternehmen stumpf übernehmen sollen. Vielmehr geht es darum, ein Verständnis für die Lage in den Betrieben zu erhalten, um darauf politische Entscheidungen aufzubauen.

Konkrete erste Schritte hin zu weniger Bürokratie sehen wir in der Aufgabe deutscher Sonderwege zugunsten europäischer Regeln, wie etwa bei Lieferkettengesetzen, und durch Vermeidung von Doppelstrukturen im Sozialbereich durch das von uns geforderte faire Grundeinkommen, das Zuständigkeiten vereinheitlicht. Weiterhin entscheidend ist die geschickt digitalisierte Neuentwicklung aktueller Verwaltungsprozesse (E-Governance).

Talente aufbauen und anwerben

Die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen könnten noch so vorteilhaft sein: Wenn ein Unternehmen in Deutschland keine motivierten, qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter findet, wird es sich hier nicht ansiedeln oder halten können. Dieser einfachen Realität muss unsere Arbeitsmarktpolitik Rechnung tragen. Das zu verhindern, kann nur durch eine Kombination mehrerer Maßnahmen sichergestellt werden.

Zunächst müssen möglichst viele Bürgerinnen und Bürger für den Arbeitsmarkt gewonnen werden. Das bedeutet insbesondere, durch reformfreudige, zeitgemäße Bildungspolitik Qualifikationen zu schaffen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sicherzustellen und Wohnorte und Betriebsstätten durch Mobilitätskonzepte und die Ermöglichung von Home-Office zusammenwachsen zu lassen.

Unsere Gesellschaft muss zur besseren Qualifikation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch die weitgehende Trennung von Lebensabschnitten des Wissenserwerbs und der beruflichen Tätigkeit überwinden. Stattdessen sollten arbeitsmarktrelevante Inhalte fortlaufend praktisch vermittelt werden. Das bedeutet eine Aufwertung von Berufsausbildungen im Betrieb und dualen Studiengängen. Außerdem ist entscheidend, dass lebenslanges Lernen Einzug in den beruflichen Alltag findet. Durch berufliche Weiterbildung und Zusatzqualifikationen werden Menschen auf Digitalisierung und Veränderung der Arbeitswelt vorbereitet und für beruflichen Aufstieg qualifiziert.

Gleichzeitig sind wir auf die anhaltende Zuwanderung qualifizierter Menschen angewiesen. Diese werden wir nur von unserem Land überzeugen können, wenn wir Hürden abbauen. Konkret wollen wir Liberale Demokraten, dass alle üblichen Dienstleistungen und Formulare von Ausländeramt und Bürgerservice auch auf Englisch angeboten, Informationsmaterial und Übersetzungsmöglichkeiten in weiteren für Zuwandererinnen und Zuwanderer besonders relevanten Sprachen vorbereitet, und dass Visa-Verfahren vollständig digital abgeschlossen werden können. Deutschland muss aktiv um talentierte Kräfte werben und sich für sie attraktiv machen. Das bedeutet auch, Rassismus und Diskriminierung eine deutliche Absage zu erteilen und ihre Vertreterinnen und Vertreter aus politischen Machtpositionen fernzuhalten.

Weiterhin wollen wir einen Rechtsrahmen schaffen, um Qualifikationen aus dem Ausland anzuerkennen. In diesen Prozess sollen auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber involviert werden, um ihn zu beschleunigen.

Weitergehende Forderungen zu allen zuvor genannten Punkten finden sich aufgrund der großen thematischen Nähe in unseren Themenprogrammen Arbeit, Asyl und Migration, Bildung sowie Jugend und Familie.

Solide Infrastruktur

Infrastruktur nehmen wir in unserem Alltag als selbstverständlich wahr: Wasser kommt aus der Leitung, Strom aus der Steckdose, der Bus nach Plan. Das zu gewährleisten ist jedoch ein komplexer, eng verzahnter Aufgabenbereich, dem unser Land durch die verschleppten Modernisierungen in den letzten Jahren immer weniger gerecht wird. Diese Situation ist kritisch, weil die Verfügbarkeit hochqualitativer, skalierbarer Infrastruktur die Basis für jeden wirtschaftlichen Erfolg bildet.

Um erfolgreich wirtschaften zu können, müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schnell und zuverlässig zum Arbeitsort und Güter wie Rohstoffe und Energie zu den Produktions- und Verkaufsstätten gelangen können. Diese Grundvoraussetzung erfüllt Deutschland nur noch unzureichend. Unsere Infrastruktur bröckelt und die Wartung dauert oftmals viel zu lange. Das zu ändern, erfordert einen gemeinsamen Kraftakt und erhebliche Investitionen sowie die Schaffung neuer Verbindungen, Leitungen und Netze.

Im Zeitalter der Digitalisierung können wir zudem nicht ohne die nötige digitale Infrastruktur bestehen. Glasfaseranschlüsse und die neuesten Mobilfunkstandards gehören heute genauso zur Grundversorgung wie Strom und Wasser. Hier sind wir noch immer Entwicklungsland.

Detaillierte Pläne und Forderungen, wie wir diese Themen angehen wollen, finden sich in den Themenprogrammen Energie, Verkehr und Mobilität und Digitales.

II. Fairer Wettbewerb in Europa und der Welt

Gegen Monopole

Die Marktwirtschaft kann ihre Wirkung nur entfalten, wenn verschiedene Anbieter eines Gutes oder einer Dienstleistung im fairen Wettbewerb miteinander stehen. Nur dann sind sie dazu gezwungen, Preise zu senken und ihre Produkte zu verbessern, um Kundinnen und Kunden von sich zu überzeugen. Im Interesse der Gesellschaft ist also ein handlungsbereiter Staat, der diesen Wettbewerb schützt und durch regulative Maßnahmen erzwingt.

Um das sicherzustellen, wirken wir Liberale Demokraten mit am Ausbau und an der Umsetzung eines aktiven Kartell- und Wettbewerbsrechts, insbesondere auf EU-Ebene. Ziel muss es sein, träge Mono- und Oligopole (marktbeherrschende Position weniger Unternehmen) aufzubrechen und eine neue Marktdynamik in Gang zu setzen. Ein besonderer Fokus muss dabei sein, die Marktmacht von großen Plattformbetreiber zugunsten kleinerer Unternehmen begrenzen. Das bedeutet zum Beispiel, dass Suchmaschinen- oder Handelsplattformanbieter ihre eigenen Produkte nicht ohne weiteres bevorzugt auf ihrer Plattform präsentieren dürfen. Im Sinne dieses Bestrebens unterstützen wir insbesondere den Digital Markets Act (DMA) der EU.

Weiterhin muss die Rolle des Staates bei der Bildung und Verfestigung der heutigen Marktsituationen beleuchtet werden. Übermäßige oder unfaire Regulierungen und Vergabeverfahren schaden oftmals kleineren Wettbewerbern mehr als großen Konzernen. Hier ist staatliches Umdenken gefragt, um Abhilfe zu schaffen.

Faire Bedingungen im Binnenmarkt

Teil des fairen Wettbewerbs in der EU ist auch der faire Steuer- und Regulationswettbewerb zwischen den Mitgliedsländern. In einem gemeinsamen Binnenmarkt ist es unverantwortlich, wenn einige Mitgliedsländer durch Steuer-, Sozial- oder Ökodumping Gewinne in ihrem nationalen Interesse zu sich ziehen und damit allen übrigen Mitgliedsstaaten und in gewisser Weise sich selbst schaden. Um dies zu verhindern, sind vermehrt gemeinsame Mindeststandards zu definieren und Sonderkonditionen für einzelne Unternehmen zu verhindern.

Aus den Cum-Cum- und Cum-Ex-Geschäften eine Lehre ziehend, betonen wir Liberale Demokraten die Wichtigkeit der internationalen Kooperation und besseren Kommunikation zwischen Finanzämtern. Daher fordern wir die Etablierung einer europäischen Behörde, die als eine Schnittstelle zwischen den Finanzämtern der EU-Mitgliedsstaaten fungiert. Es soll in ihrem Aufgabenbereich liegen, die Harmonisierung des europäischen Steuerwesens durch Vorschläge an die Mitgliedsstaaten voranzutreiben. Außerdem soll sie bei festgestellten Steuerschlupflöchern in einem Mitgliedsstaat alle Mitgliedsstaaten, die hiervon ebenso betroffen sein könnten, warnen und die Auswirkungen der entsprechenden Schlupflöcher sowie mögliche Gegenmaßnahmen näher untersuchen.

Freier Handel in einer vernetzten Welt

Handel ist nicht nur eine wirtschaftliche Chance, sondern auch ein wichtiges diplomatisches Werkzeug. Handelsbeziehungen sollten wir deshalb mit Bedacht handhaben und uns insbesondere etwaige Abhängigkeiten bewusst machen, die sich durch unsere Handelsbeziehungen und Lieferketten ergeben. Gleichzeitig sollten wir uns von der globalisierten Welt nicht abschotten, sondern ihre Chancen nutzen.

Wir setzen uns für die Einführung neuer und weitreichenderer Freihandelsabkommen ein, insbesondere in solchen Fällen, wo sie mit gemeinsamen ethischen und ökologischen Standards einhergehen. Basis für Freihandelsbeziehungen muss immer die Einhaltung elementarster gemeinsamer Werte sein. Insbesondere wollen wir für Handelsbeziehungen auf Augenhöhe sorgen: Zugang zum europäischen Markt soll immer mit einem gleichwertigen umgekehrten Marktzugang verknüpft sein. Außerdem muss durch die Handelspolitik der faire Wettbewerb gewahrt werden. Wenn ein Land europäische Unternehmen im heimischen Markt benachteiligt oder der eigenen Exportwirtschaft unlautere Vorteile wie hohe Subventionen zuteilwerden lässt, spricht dies gegen einen gleichberechtigten Zugang zum EU-Binnenmarkt. Dies war in der Vergangenheit etwa in den Beziehungen mit der Volksrepublik China der Fall.

Konkret bekennen wir uns etwa zu Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA), sowie längerfristig mit weiteren Staaten in Südamerika und Afrika.

Die Bemühungen um faire Bedingungen im Welthandel müssen möglichst global angesetzt werden. Deutschland muss sich in dieser Sache eng mit seinen Partnerländern und insbesondere innerhalb der EU abstimmen.

Wirtschaftliche Kooperation

Unsere Welt ist heute enger vernetzt als jemals zuvor. Entwicklungen auf der anderen Seite des Planeten beeinflussen unmittelbar unser Leben in Deutschland. Es ist selbstverständlich, dass deshalb auch unsere Wirtschaftspolitik nicht nur in unseren Staatsgrenzen wirken kann, sondern globale Entwicklungen einbeziehen und mitgestalten muss.

Gerade die Volksrepublik China verfolgt mit ihrem Konzept der „Neuen Seidenstraße“ das Ziel, durch strategische Investitionen seinen Status im Welthandel zu stärken und wirtschaftliche sowie finanzielle Abhängigkeiten zu schaffen. Dem müssen wir ein europäisches Gegenkonzept entgegenstellen. Statt neokolonial anmutende Abhängigkeitsverhältnisse zu schaffen, müssen zugkräftige wirtschaftliche Kooperationen unser Ziel sein.

Zentrales Handlungsfeld dabei ist Afrika, welches durch seine demografische und wirtschaftliche Entwicklung absehbar eine erheblich gesteigerte Bedeutung in der Weltwirtschaft erfahren wird. Die finanzstarke Präsenz der Volksrepublik China auf diesem Kontinent darf für die afrikanischen Staaten nicht alternativlos bleiben. Ziel unserer Politik ist es, eine enge Vernetzung der europäischen und afrikanischen Wirtschaft zu erreichen, von der beide Parteien gleichberechtigt profitieren.

Die Europäische Union muss durch ihr Handeln als Partnerin wahrgenommen werden, die finanzstark und zuverlässig am Aufbau eines neuen Wohlstands im Globalen Süden mitwirkt. Diese Zusammenarbeit sollte insbesondere darauf ausgelegt sein, Anreize zum Ausbau von Demokratie, Menschenrechten und Nachhaltigkeit zu setzen.

Öffentliche Aufträge

Das öffentliche Auftragswesen ist eine Grundlage für eine faire, effiziente und nachhaltige Gestaltung staatlichen Handelns. Ziel der öffentlichen Beschaffung muss es sein, fairen Wettbewerb, soziale Teilhabe und die Förderung von Innovation und Nachhaltigkeit zu unterstützen.

Die derzeitige Ausgestaltung des öffentlichen Auftragswesens begünstigt Unternehmen, die sich auf die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen spezialisieren können, und benachteiligt insbesondere kleine und mittlere Unternehmen. Daher sollte in Zukunft die losweise Vergabe gegenüber der Vergabe von Gesamtpaketen bevorzugt werden. Zudem sollten alle Vergabeverfahren über eine zentrale, digitale Plattform abgewickelt werden können.

Zur Beschleunigung der Vergabeverfahren ist es entscheidend, die Schwellenwerte im Unterschwellenbereich für die Direktbeschaffung und die freihändige Vergabe deutlich anzuheben und dynamisch an die Wirtschaftslage anzupassen. 

Öffentliche Ausschreibungen fördern bisher zu selten innovative Lösungen, da die Vergabestellen aus Sicherheitsgründen häufig auf bewährte Produkte und Anbieter setzen. Kreative Ansätze, zukunftsweisende Technologien und junge Unternehmen bleiben so außen vor. Wir setzen uns für eine innovationsfreundliche Vergabepraxis ein, die Start-ups, soziale Unternehmen und nachhaltige Technologien gezielt einbezieht. Vorkommerzielle Auftragsvergabe, Innovationsbudgets und öffentliche Innovationspartnerschaften sollen gezielt erprobt und ausgebaut werden. Damit stärken wir die Innovationskraft im öffentlichen Sektor und machen die öffentliche Beschaffung zum Motor für gesellschaftlichen Fortschritt.

III. Investieren in Wachstum und radikale Innovation

Unternehmerischer Staat

Der Staat muss mehr sein als ein bloßer Regulierer – er muss in der Wirtschafts- und Innovationspolitik an einigen Stellen als strategischer Investor agieren, der aktiv Zukunftsmärkte mitgestaltet. Wir Liberale Demokraten verstehen den Staat als treibende Kraft für bahnbrechende Innovationen. In der Vergangenheit basierten etwa Technologien wie das Internet, Touchscreens oder mRNA-Impfstoffe auf geduldigen staatlichen Investitionen. Ein unternehmerischer Staat, wie wir ihn aufbauen wollen, schafft aktiv neue Märkte und Chancen für neues Wachstum.

Wir fordern hierfür die Weiterentwicklung der „Bundesagentur für Sprunginnovationen“ (SPRIND) und der Europäischen Investitionsbank (EIB) nach dem Vorbild der amerikanischen DARPA. Sie soll gezielt in innovative Forschungsprojekte investieren. Dabei soll sie nicht Forschung im Allgemeinen finanzieren, sondern als finanzstarke Akteurin mit eigenen Zielen auftreten, die „Missionen“ definiert und die hierfür nötigen Partner koordiniert.

Ein gut gestalteter unternehmerischer Staat ist keine Konkurrenz zur Innovation am freien Markt, sondern ihre notwendige Ergänzung für die Transformationsaufgaben unserer Zeit. Er ergänzt die hohe iterative Innovationskraft bestehender Unternehmen durch eine gesamtvolkswirtschaftliche Fähigkeit zu grundlegenden wissenschaftlichen Durchbrüchen und Etablierung gänzlich neuer Branchen.

Weiteres Handlungsfeld eines unternehmerischen Staates ist die gezielte Förderung und raum- und verkehrspolitische Ermöglichung von Innovations- und Wirtschaftsclustern. Geografische Nähe und gute Erreichbarkeit können zur Vernetzung innovativer Unternehmen und somit zum Wirtschaftswachstum entscheidend beitragen. Zentraler Teil dieser Bemühungen ist auch die standortspezifische Forschungs- und Hochschulpolitik.

Reform der Schuldenbremse

Wir Liberale Demokraten wollen die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse erheblich reformieren. Die Staatsverschuldung möglichst klein zu halten, um so hohe Zinslasten für kommende Generationen zu verhindern, ist ein wichtiges Ziel unserer Politik. Wir halten jedoch die derzeitige Form der Schuldenbremse für kurzsichtig, da sie Verschuldung lediglich monetär betrachtet und außer Acht lässt, dass marode Infrastruktur, Folgen der Klimakrise und verpasste Transformationsprozesse ebenso erhebliche Auswirkungen auf den Handlungsspielraum zukünftiger Generationen haben werden.

Unser Ziel ist daher, die Schuldenbremse so zu überarbeiten, dass sie Spielraum für kreditfinanzierte Investitionen in die Volkswirtschaft lässt. Elementar ist dabei die Unterscheidung zwischen konsumptiven Ausgaben, also Geld, das ohne absehbare Refinanzierung den Staatshaushalt verlässt, und einer Investition, die sich durch zu erwartende volkswirtschaftliche oder sogar finanzielle Renditen bezahlt macht. Erstere sollen weiterhin im Regelfall nicht durch Neuverschuldung finanziert werden dürfen, es sei denn, es handelt sich um eine Krisensituation.

Entscheidend ist sicherzustellen, dass Investitionen, die bisher aus dem Regelhaushalt geleistet worden wären, nicht in eine Finanzierung aus Krediten verschoben werden. Ansonsten könnte bei mangelhafter haushälterischer Disziplin eine schuldenfinanzierte Aufblähung der Staatsausgaben stattfinden, ohne die reale Investitionsquote zu erhöhen. Deshalb beabsichtigen wir, das zulässige Maß an kreditfinanzierten Investitionen in geeigneter Weise an die Höhe der Investitionen aus dem Regelhaushalt zu koppeln.

Die Praxis der Umgehung der Schuldenbremse durch immer neue im Grundgesetz festgeschriebene „Sondervermögen“ lehnen wir als intransparent und unehrlich ab.

Befugnisse des Rechnungshofes

Rechnungshöfe leisten einen zentralen Beitrag zur Kontrolle staatlichen Handelns – diese Rolle muss gestärkt und weiterentwickelt werden. Ihre präventiven Befugnisse sollen ausgeweitet werden, sodass sie nicht nur im Nachhinein Missstände aufdecken, sondern auch im Vorfeld Umsetzungspflichten aussprechen können, um ineffizientes oder nicht regelkonformes Verwaltungshandeln zu verhindern. Zudem sollen Rechnungshöfe bei ihren Prüfungen systematisch klimapolitische und soziale Auswirkungen einbeziehen und die langfristige Wirkung politischen Handelns („Impact“) analysieren können.

Die Besetzung leitender Positionen innerhalb der Rechnungshöfe muss durch transparente Verfahren erfolgen, um ihre Besetzung durch unabhängige und fachlich qualifizierte Personen sicherzustellen. Um die Wirksamkeit der Rechnungshöfe zu erhöhen, sollen sie enger mit bestehenden Normenkontrollräten verzahnt werden, um Doppelstrukturen zu vermeiden und Synergien bei der Bewertung von Rechtsnormen und deren Vollzug zu schaffen.

Die Berichterstattung der Rechnungshöfe soll direkt an die Parlamente erfolgen, um politische Relevanz und Handlungsdruck zu stärken. Dabei soll es Parlamenten möglich sein, mit einer einfachen Mehrheit Prüfaufträge an die Rechnungshöfe zu vergeben. So wird die Kontrolle staatlichen Handelns effektiver, transparenter und zukunftsorientierter ausgestaltet.

Steuervorteile für Forschung und Entwicklung

Im europäischen Vergleich für Steueranreize auf Forschung und Entwicklung (F&E) liegt Deutschland im Mittelfeld. Länder wie Frankreich zeigen, dass solche Steuervorteile die privaten Ausgaben in F&E stark steigern können – dies allerdings vor allem Großunternehmen zugutekommt, weshalb es Ziel sein sollte, eine faire Förderung für alle Arten von Unternehmen anbieten zu können.

Um auch kleinere Unternehmen für Forschung und Entwicklung gerecht zu belohnen, fordern wir Ergänzungen des Wachstumschancengesetzes bzw. des Forschungszulagengesetzes. Um die Förderung trotz Bürokratie für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) attraktiv zu halten, fordern wir für diese Unternehmen ein Fast-Track-Verfahren für Projekte bis 250.000 Euro Volumen. Des Weiteren soll die Pauschalförderung auch für kleine Unternehmen mit Pauschalen pro F&E-Vollzeitkraft gelten. Wir Liberale Demokraten begrüßen die höheren Förderquoten für KMU sowie die Möglichkeit, die Zulage auch in Verlustjahren zu erhalten. Um gerade jungen Unternehmen und Start-ups wichtige Liquiditätsvorteile zu verschaffen, wollen wir, dass die Forschungszulage für Gehälter direkt mit der Lohnsteuer verrechnet wird.

Damit ein Fokus auf das Gemeinwohl gelegt wird, fordern wir Liberale Demokraten, dass Innovationen mit Fokus auf soziale und ökologische Ziele einen erhöhten Fördersatz erhalten. Zusätzlich sollen Kooperationen mit öffentlichen Forschungseinrichtungen ebenfalls von einem erhöhten Fördersatz profitieren. So erhalten zum einen kleine Unternehmen eine bessere Chance, wettbewerbsfähig F&E zu betreiben und zum anderen sammeln die Teilnehmenden der Projekte, etwa an Fachhochschulen und Universitäten, wichtige Erfahrung, und der Wissenschaftsstandort Deutschland profitiert.

Zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland fordern wir, dass auch in Deutschland endlich Erträge aus im Inland entwickelten Patenten mit einem niedrigeren Steuersatz besteuert werden. Damit dieser Steuervorteil nicht missbraucht wird, muss dieser an strenge Dokumentationspflichten gekoppelt sein. Hierzu ist wichtig zu erwähnen, dass durch das von uns geforderte E-Governance System mit Once-Only-Prinzip so effektiv Bürokratiehürden abgebaut werden, dass die Beantragung von sowohl der Steuersenkung auf Patenterträge als auch der Forschungszulage insgesamt keine bürokratische Mehrbelastung darstellt.

Hochschulausgründungen fördern, Wissenstransfer vereinfachen

Deutschland verfügt über eine hervorragende Grundlagenforschung, doch der Weg vom Labor in den Markt ist mit Hindernissen gepflastert. Um mehr Unternehmensgründungen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu ermöglichen, setzen wir Liberale Demokraten auf eine grundlegende Neuausrichtung der Anreizstrukturen im deutschen Wissenschaftssystem. Der Transfer wissenschaftlicher Ergebnisse in die Praxis muss zu einem Kernauftrag der öffentlich-finanzierten Forschung werden.

Hierfür muss zunächst die universitäre Leistungsbewertung reformiert werden, damit Patente, Ausgründungen und Industriekooperationen bei Berufungen und Evaluierungen gleichwertig neben Publikationen berücksichtigt werden. Das gegenwärtige System, das einseitig auf Veröffentlichungen in Fachzeitschriften ausgerichtet ist, wird der Bedeutung des Wissenschaftstransfers nicht gerecht.

Die Hochschulen müssen zu echten Inkubatoren des wirtschaftlichen Wandels werden. Dies erfordert professionelle Gründungszentren an allen Universitäten und transparente Verwertungsregeln für geistiges Eigentum. Zur Überwindung der kritischen Finanzierungslücke in der Frühphase akademischer Ausgründungen setzen wir auf einen staatlichen Matching-Fonds, der private Investitionen in Hochschulausgründungen im Verhältnis 1:1 ergänzt. 

IV. Unternehmertum, Gründerkultur & Finanzierung

Mittelstand stärken

Der Mittelstand bildet mit seinen vielen kleinen und mittleren Unternehmen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Diese Betriebe schaffen die meisten Arbeits- und Ausbildungsplätze, sorgen für Wertschöpfung in der Fläche und bieten oft nachhaltigere Geschäftsmodelle als international agierende Konzerne. Wir Liberale Demokraten wollen den Mittelstand gezielt fördern und von bürokratischen Lasten befreien.

Gerade kleinere Unternehmen leiden überproportional unter der Bürokratielast und komplexen Regelwerken. Wir fordern daher, dass Unternehmen unterhalb bestimmter Größenschwellen von weiteren Dokumentations- und Nachweispflichten befreit werden.

Der Fachkräftemangel trifft den Mittelstand besonders hart, da er im Wettbewerb um Talente oft nicht mit den Gehältern und Zusatzleistungen großer Konzerne mithalten kann. Wir setzen uns als Gegenmaßnahme für eine Aufwertung der dualen Ausbildung ein und wollen die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und mittelständischen Unternehmen stärken. Zudem unterstützen wir Anreize für Unternehmen, die in Weiterbildung investieren und ihren Beschäftigten flexible Arbeitsmodelle ermöglichen.

Gründernation Deutschland

Um das Gründen in Deutschland effizienter und schneller zu gestalten, fordern wir die Einführung eines Gründerportals. Diese ‚One-Stop-Shops‘ nach dänischem Vorbild sammeln alle Anmeldungen und Genehmigungen an einem Ort, funktionieren digital und ohne Behördengänge. Sämtliche Daten müssen nur einmal eingetragen werden und können von allen relevanten Behörden zu jeder Zeit abgerufen werden. Genaueres hierzu findet sich in unserem Digitalprogramm. Unsere Vision ist eine Unternehmensgründung in unter einer Stunde.

Gerade in den frühen Phasen eines Start-ups sind Nachweispflichten und andere bürokratische Auflagen eine erhebliche Wachstumsbremse. Deshalb fordern wir eine Pauschale für Betriebsausgaben. Kleine Unternehmen bis zu einem Umsatz von 100.000 Euro sollen die Möglichkeit bekommen, einen branchenspezifischen Prozentsatz ihres Umsatzes ohne Nachweis als Betriebsausgaben deklarieren zu können. Den Unternehmen muss dabei ermöglicht werden, sich in jedem Geschäftsjahr neu für das Pauschalsystem oder das klassische System zu entscheiden. Dies spart enormen buchhalterischen Aufwand und erhöht die Planungssicherheit der betroffenen Unternehmen.

KMU sind schon viel zu schnell zur doppelten Buchführung anstelle der Einnahmen-Überschuss-Rechnung gezwungen. Das hemmt im besten Fall das Wachstum des Unternehmens, kann aber auch dazu führen, dass Unternehmen absichtlich klein bleiben, um diese Bürokratiefalle zu vermeiden. Wir Liberale Demokraten fordern deshalb, dass die Umsatzgrenze für die doppelte Buchführung so weit angehoben wird, dass es für die Unternehmen realistisch ist, diese Hürde zu stemmen, ohne das Wachstum zu gefährden. Auch für Unternehmen, welche noch unter die Kleinunternehmerregelung fallen, ist die Grenze nicht mehr zeitgemäß. Es bedarf eines radikalen Bürokratieabbaus, weshalb wir die Anhebung der Umsatzgrenze für die Kleinunternehmerregelung von 22.000 Euro auf 50.000 Euro fordern, um Unternehmerinnen und Unternehmer und das Finanzamt zu entlasten.

Unterstützung für Solo-Selbstständige

Solo-Selbstständige bilden eine wichtige und wachsende Gruppe in unserer Wirtschaft, die besondere Unterstützung verdient. Als Liberale Demokraten erkennen wir den wertvollen Beitrag dieser selbstbestimmten Erwerbsform an und wollen ihr in der politischen Debatte endlich eine angemessene Rolle geben.

Die Corona-Krise hat die prekäre Lage vieler Solo-Selbstständiger offengelegt. Wir setzen uns für eine Reform der sozialen Sicherungssysteme ein, die den Bedürfnissen Selbstständiger besser gerecht wird.

Bürokratische Hürden treffen Solo-Selbstständige besonders hart. Wir fordern daher eine drastische Vereinfachung steuerlicher Pflichten, etwa durch höhere Umsatzgrenzen bei der Umsatzsteuer (Kleinunternehmerregelung) und vereinfachte Aufzeichnungspflichten.

Neuen Branchen den Weg freimachen – Agentur für Innovationsregulierung

Wir Liberale Demokraten setzen auf eine progressive Innovationspolitik, die Zukunftsbranchen nicht als Bedrohung, sondern als Chance für gesellschaftlichen Fortschritt begreift. Der bislang vorherrschende regulatorische Ansatz des „erst verbieten, dann überlegen“ blockiert wirtschaftliches Potenzial und verzögert notwendige Transformationsprozesse. Die digitale und ökologische Transformation erfordert veränderungsfähige Regulierungsansätze, die Innovation ermöglichen und gleichzeitig gesellschaftliche Interessen wahren.

Hierzu wollen wir eine neue Agentur für Innovationsregulierung etablieren. Diese Agentur soll frühzeitig Zukunftsbranchen identifizieren und für diese “regulatorische Sandboxes” entwickeln, in denen innovative Geschäftsmodelle unter verlässlichen rechtlichen Rahmenbedingungen erprobt werden können, bevor flächendeckende Regelungen entwickelt werden. Dieses Vorgehen soll Basis für spätere dauerhafte Regulierungen werden.

Ein wesentlicher Bestandteil unserer Strategie ist die Implementierung eines Fast-Track-Zulassungsverfahrens für innovative Produkte und Dienstleistungen, das bundesweit einheitliche Standards garantiert und unnötige bürokratische Hürden abbaut. Dieses Verfahren wird begleitet von einem strukturierten Dialog zwischen Innovierenden und Regulierenden, der eine frühzeitige Beteiligung aller betroffenen Parteien gewährleistet und regulatorische Lernprozesse beschleunigt. 

Die Agentur für Innovationsregulierung dient damit als Schnittstelle zwischen innovativen Unternehmen und politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern. Sie sammelt systematisch Erfahrungen und Herausforderungen aus der Praxis, identifiziert regulatorische Hindernisse und entwickelt Lösungsvorschläge – stets dem Gemeinwohl verpflichtet und unter Wahrung der Neutralität gegenüber einzelnen Marktakteuren. Durch diese vorausschauende Regulierungspolitik wollen wir Deutschland als führenden Innovationsstandort für Zukunftstechnologien positionieren und gleichzeitig sicherstellen, dass berechtigte Schutzinteressen der Gesellschaft gewahrt werden.

Diversität

Vielfalt ist nicht nur ein zentraler Wert einer liberalen Gesellschaft, sondern auch ein wirtschaftlicher Erfolgsfaktor. Wir Liberale Demokraten sind überzeugt, dass Unternehmen mit diversen Teams innovativer sind und bessere Entscheidungen treffen. Deshalb wollen wir die Potenziale aller Menschen unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Alter oder anderen Merkmalen für unsere Wirtschaft erschließen.

Die Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen und bestimmten Branchen stellt weiterhin ein erhebliches Problem dar. Wir setzen uns für gezielte Förderprogramme für Unternehmerinnen ein, insbesondere in technologieorientierten Bereichen. Dazu gehören Gründerinnen-Netzwerke und Mentoring-Programme.

Menschen mit Migrationsgeschichte bringen wertvolle Perspektiven und interkulturelle Kompetenzen mit. Wir wollen das unternehmerische Potenzial dieser Gruppe stärker fördern, etwa durch mehrsprachige Beratungsangebote, kultursensible Gründungsunterstützung und die Anerkennung internationaler Qualifikationen. Insbesondere muss die Bedeutung von Gründerinnen und Gründern mit Migrationsgeschichte für den Wirtschaftsstandort Deutschland angemessen anerkannt werden.

Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Unternehmerinnen und Unternehmer verfügen über wertvolle Erfahrung und Know-how, das unserer Wirtschaft nicht verloren gehen darf. Wir befürworten flexible Arbeitszeitmodelle und Weiterbildungsangebote, die es ermöglichen, länger aktiv am Wirtschaftsleben teilzunehmen.

Auch die Potenziale von Menschen mit Behinderungen werden noch zu wenig genutzt. Hier setzen wir in einem ersten Schritt auf Anreize statt Zwang und wollen Unternehmen unterstützen, die in Barrierefreiheit und inklusive Arbeitsplätze investieren.