Stärke zeigt sich nicht in Zwang, sondern in Verantwortung. Die Bundeswehr braucht keine gezwungene Masse, sie braucht Menschen, die überzeugt sind, warum sie dienen.
Die Diskussion über eine Rückkehr der Wehrpflicht wird oft mit dem Argument geführt, Deutschland müsse wieder „wehrhafter“ werden. Doch Wehrhaftigkeit bedeutet in einer modernen Demokratie nicht, junge Menschen zum Dienst zu verpflichten. Sie bedeutet, staatliche Strukturen so zu gestalten, dass sie funktionieren, ohne auf Zwang zurückzugreifen. Wer heute nach Pflicht ruft, verlagert Verantwortung auf die Jugend, statt sie selbst zu tragen.
Das eigentliche Problem liegt nicht im fehlenden Personal, sondern im fehlenden Vertrauen in die Bundeswehr, Vertrauen von Politik und Gesellschaft in ihre Fähigkeiten, in ihre Ausstattung und in ihre Menschen. Über Jahre wurde sie vernachlässigt, kleingespart und bürokratisch gelähmt. Eine Dienstpflicht kann diese Versäumnisse nicht beheben, sie verdeckt sie nur. Wer eine starke Bundeswehr will, muss zuerst eine ehrliche Politik machen. Eine Politik, die ihre Soldat*innen ernst nimmt, sie angemessen bezahlt, gut ausbildet und modern ausstattet. Es ist leicht, Pflichten zu fordern. Schwieriger ist es, Verantwortung auf höherer Ebene zu übernehmen.
Eine Pflicht trifft immer die, die am wenigsten Einfluss haben. Sie trifft Auszubildende, Studierende und junge Menschen, die ihren Weg erst beginnen. Statt Gemeinschaft zu schaffen, würde sie Entfremdung erzeugen.
Wir brauchen ein System, das freiwilliges Engagement stärkt. Wer sich für ein Jahr in der Pflege, im Umweltschutz oder im Katastrophenschutz einsetzen will, sollte das tun können, mit echter Anerkennung, fairer Bezahlung und Perspektive. Freiwilligkeit ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Reife. Sie zeigt, dass Menschen verstehen, warum ihr Einsatz wichtig ist, und ihn aus Überzeugung leisten.
Unsere Generation ist bereit, Verantwortung zu übernehmen, aber sie will gefragt werden, nicht gezwungen. Sie will Teil einer Lösung sein, nicht Mittel zum Zweck. Wenn die Politik Vertrauen in ihre Jugend hätte, würde sie nicht über Dienstpflicht reden, sondern über Bildung, politische Teilhabe und faire Chancen.
Ein Land, das Freiheit schützen will, darf sie nicht einschränken. Es braucht keine neue Pflicht, sondern eine neue Ehrlichkeit. Wahre Wehrhaftigkeit entsteht nicht durch Zwang, sondern durch Vertrauen, Freiheit und Verantwortung füreinander.