Der Nahostkonflikt ist einer der langanhaltendsten der modernen Geschichte. Seit Jahrzehnten bringt er Tod und Leid über die Bevölkerung einer ganzen Region. Aus Deutschlands historischer Verantwortung heraus bleibt der Nahostkonflikt eine Thematik, bei der weite Teile der deutschen Politik ihre Standpunkte sehr zurückhaltend formulieren. Das gilt auch für uns Liberale Demokraten.
Mit dem Überfall der Hamas vom 7. Oktober 2023 ist er erneut zu einem offenen, brutalen Landkrieg eskaliert. Anderthalb Jahre später sind noch immer nicht alle Geiseln befreit, der Gazastreifen ist nahezu vollständig zerstört, viele tausend Menschen haben ihr Leben verloren und viele weitere erleben unfassbares Leid und akute Todesgefahr. Dabei liegt die Verantwortung für den Beginn des Krieges eindeutig bei der Hamas. Auch das Recht Israels, Land und Bevölkerung zu verteidigen, steht für uns außer Frage.
Doch allerspätestens in der Zeit nach der Wahl Donald Trumps zeigt sich die in Teilen rechtsextreme israelische Regierung unter Benjamin Netanyahu in ihrer Kriegsführung enthemmter als je zuvor. Es ist nicht mehr glaubhaft zu vermitteln, dass die Vielzahl an zivilen Opfern im Gazastreifen allein durch den Beschuss militärischer Ziele entstehen würde. Nicht ohne Grund besteht gegen mehrere israelische Regierungsmitglieder ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs.
Die am vergangenen Montag von Premierminister Netanyahu verlautbarten Pläne, den Gazastreifen dauerhaft zu besetzen und die dortige palästinensische Bevölkerung „umzusiedeln“, stellt einen unverfrorenen Bruch mit den fundamentalsten Menschenrechten und dem internationalen Recht dar. Spätestens diesem muss auch in Deutschland eine politische Reaktion folgen. Eine solche Phantasie der Eroberung und der ethnischen Säuberung darf in keiner Form die Unterstützung Deutschlands erfahren, weder durch Waffenlieferungen noch durch das Abstimmungsverhalten in internationalen Gremien. Das Existenzrecht Israels darf dabei nicht in Frage gestellt werden.
Als kleine Partei maßen wir uns nicht an, einen eigenen Friedensplan für den Nahen Osten zu formulieren. Unabdingbar ist jedoch, dass in dieser Region wieder das internationale Recht und zuallererst grundlegendste Elemente der Menschlichkeit wieder Einzug erhalten. Das bedeutet insbesondere, der internationalen Gemeinschaft die Möglichkeit zu geben, eine Hungersnot abzuwehren und sich ernsthaft und so weit wie irgendwie möglich um einen dauerhaften, gerechten Frieden sowie die Vermeidung ziviler Opfer zu bemühen. Beides tut Israel heute nicht.
Deshalb muss die internationale Gemeinschaft von der israelischen Demokratie einfordern, was man von den gewissenlosen Terroristen der Hamas nicht fordern kann. Wer mit Terroristen Auge-um-Auge vorgeht, riskiert, die moralischen Unterschiede zu verwischen. Eine dauerhafte Lösung kann nur durch die Rückkehr zu diplomatischen Bemühungen, die Freilassung aller Geiseln und die Gewährleistung humanitärer Hilfe für die Zivilbevölkerung erreicht werden.