Unsere Demokratie stirbt auf dem Sofa

Von Paul Vossiek

Sachsen und Thüringen haben gewählt. Mehrheitsregierungen der demokratischen Mitte sind in beiden Ländern unmöglich und die völkisch-nationale AfD hat jeweils eine Sperrminorität erhalten. Die Reaktionen darauf reichen von stiller Bestürzung bis zu lauter Wut über die Wählerinnen und Wähler und die demokratischen Parteien, die den Weg hierin geebnet haben.

Wütend bin ich auch. Nur trifft meine Wut zu nicht unerheblichen Teilen jemand anderen. Ich bin wütend auf diejenigen, die jetzt warnend auf Instagram posten, die kopfschüttelnd auf dem Sofa die Tagesschau schauen – ohne selbst bereit zu sein, etwas für unsere Demokratie zu opfern. Mein Eindruck ist, dass Demokratie als Dienstleistung, angeboten von Politikern, wahrgenommen wird. Als ein Produkt, wo man zwischen verschiedenen Marken wählen, aber außer der eigenen Kaufentscheidung nichts mitzureden hat.

Das könnte falscher nicht sein. Demokratie ist nichts, was uns vorgegeben wird, Demokratie ist, wie wir alle als Bürgerinnen und Bürger handeln. „Frei werden wir nicht allein, indem wir keinen König haben und keinen Befehl haben. Völlig frei werden wir erst dadurch, dass wir gute Bürger sind“ – so beschrieb Anton Erkelenz das, was auch ich hier meine. Statt die Lage performativ schlimm zu finden, hat jeder von uns die Macht, sie konstruktiv besser zu machen.

Im Gespräch mit Familie und Freunden höre ich unentwegt Sorge darüber, wie sich die Zukunft entwickeln wird. Aber wo ist die Handlungsbereitschaft, etwas dafür zu tun, dass sie sich anders entwickelt? Meine These ist: Die Zukunft wird gut, wenn wir sie gut machen. Wir haben die Macht und wir haben die Mittel, das umzusetzen. Nur geschieht das nicht vom Sofa, es geschieht nicht ohne Anstrengung und es geschieht nicht, wenn man aus lauter Mutlosigkeit gar nicht erst anfängt.

Die Mitgliedschaft in einer Partei ist nicht die einzige Möglichkeit, Politik zu machen, aber sie ist eine sehr logische. Nichts erreichen kann man in quasi keiner Partei, denn durch ihre Organisation in Bundesverband, Landes- und Kreisverbände wird die Macht auf so vielen Ebenen neu verteilt, dass Änderungen im Kleinen immer möglich sind. Wenn eine kleine Änderung möglich ist, sind viele kleine Änderungen möglich – und viele kleine Änderungen sind große Änderungen.

Natürlich geht das nicht ohne Anstrengung, ohne Rückschläge und ohne Zeitaufwand. Das kann nicht jeder von uns immer leisten. Das ist aber auch nicht nötig. Sobald man bereit ist, etwas zu geben, wenn es eben gerade geht, tun andere Menschen genau das, wenn es bei einem selbst gerade nicht geht und die Veränderung nimmt weiter ihren Lauf. Der einzige Weg, zu wenig in der Politik zu erreichen, ist, auf dem Sofa sitzen zu bleiben und den Antrag gar nicht erst zu stellen.

Schlagwörter: Demokratie | Sachsen | Thüringen | Wahlen

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