Geschichte der Liberalen Demokraten
Prolog
Nach dem 2. Weltkrieg vereinigten sich die verschiedenen liberalen Strömungen zunächst in der FDP, der sich die neugegründeten Deutschen Jungdemokraten (DJD) als Jugendverband anschloss. Die Deutschen Jungdemokraten sahen sich dabei als Erben und direkte Nachfolger der sozialliberalen Jungdemokraten der Weimarer Republik.
Im Zuge der Stärkung des sozialliberalen Flügels der FDP durch die DJD in den folgenden Jahren kam es Anfang/Mitte der 1960er-Jahre zum Verlust des nationalliberalen Flügels, deren Vertreter sich entweder der CDU zuwendeten oder in die Gründung der NPD involviert waren.
Nach Ausscheiden der Nationalliberalen konnten die Sozialliberalen in den Folgejahren eine vorübergehende knappe Mehrheit innerhalb der FDP erreichen. In diese Zeit fielen neben dem Eingehen der sozialliberalen Koalition mit der SPD unter Willy Brandt auf Bundesebene 1969 auch die Erarbeitung der sozialliberalen und ökologischen Freiburger Thesen durch Werner Maihofer, Karl-Hermann Flach und Walter Scheel sowie deren Beschluss im Jahre 1971. Die Bundes-FDP schlug damit erst- und bis dato letztmals einen progressiven Kurs zum Wohle aller ein.
In den Folgejahren wurde die sozialliberale Koalition auch unter Helmut Schmidt auf Bundesebene fortgeführt. Allerdings erstarkte der wirtschaftsliberale Flügel der FDP zusehends. Dessen Vertretern war nicht nur die sozialliberale, progressive Ausrichtung der FDP, sondern auch die Deutschen Jungdemokraten als Jugendorganisation ein Dorn im Auge.
In diese Zeit fiel eine progressivere Überarbeitung und weltpolitische Aktualisierung der Freiburger Thesen durch u.a. Gerhart Baum und die DJD-Bundesvorsitzenden Theo Schiller und Hanspeter Knirsch, die auf dem 28. Bundesparteitag der FDP verabschiedet werden sollte.
Parallel dazu erarbeiteten Vertreter des wirtschaftsliberalen und konservativ-liberalen Flügels ein Gegenpapier, die sog. Kieler Thesen, die sozialliberale Inhalte durch wirtschaftsliberale und progressive durch deutlich konservativere Inhalte ersetzte. Parallel liefen Bemühungen, eine zweite konkurrierende Jugendorganisation – die Jungen Liberalen – zu gründen, um den eigenen Flügel zu stärken und die knappe sozialliberale Mehrheit auf Dauer zu beenden.
Auf dem 28. Bundesparteitag der FDP fand sich, auch bedingt durch das Delegiertenprinzip, schließlich keine Mehrheit mehr für progressive, sozialliberale Ideen und die wirtschaftsliberalen Kieler Thesen lösten die Freiburger Thesen als Grundsatzprogramm der FDP ab. Dennoch kam es im Folgejahr zu einer erneuten sozialliberalen Koalition im Kabinett Schmidt II. Diese zeichnete sich jedoch durch die inhaltlichen Differenzen von vornherein problematischer als die vorherige.
Nachdem es lokal schon seit 1974 zu Gründungen lokaler Jugendgruppen gekommen war, gründeten sich schließlich 1980 die Jungen Liberalen, mit dem Ziel, die Deutschen Jungdemokraten als Jugendorganisation der FDP abzulösen. Führende Parteiköpfe des wirtschaftsliberalen Flügels, wie Hans-Dietrich Genscher und Otto Graf Lambsdorff, begrüßten diese Gründung und verstärkten durch ihre Politik in ihrer Position als Bundesminister die zunehmenden Diskrepanzen innerhalb der sozialliberalen Koalition und des Kabinetts Schmidt II.
In diesem Zusammenhang distanzierten sich die DJD mehr und mehr von der FDP und schließlich zerbrach 1982 die sozialliberale Koalition. Daraufhin vollführte die FDP eine von Genscher und Lambsdorff initiierte, mit der Parteibasis nicht abgesprochene und infolgedessen nicht durch diese abgesegnete Wende hin zur konservativen CDU.
Gründung der Liberalen Demokraten (LD) – 1982
Bereits 1981 formierte sich innerhalb der FDP der linke Parteiflügel unterstützt von den Jungdemokraten und schuf sich mit den „liberalen drucksachen“ ein eigenes Sprachrohr und Diskussionsforum. Es wurden zwei Möglichkeiten ausgemacht, den progressiven Sozialliberalismus zu retten. Entweder eine Abspaltung von der FDP im Rahmen einer Neugründung als eigenständige Partei oder ein letzter Versuch auf dem Bundesparteitag erneut eine sozialliberale Mehrheit zu schaffen und den Kurswechsel rückgängig zu machen.
Beide Pläne wurden parallel verfolgt und als schließlich der Versuch der FDP wieder einen sozialliberalen Kurs zu geben, Anfang November 1982 scheiterte, kam es am 28. November 1982, 10 Jahre nach Beschluss der Freiburger Thesen, zur Gründung der Liberalen Demokraten. Die erhoffte Unterstützung durch die SPD, mit den LD einen neuen Koalitionspartner zu erhalten, blieb jedoch aus. Die SPD begnügte sich damit sozialliberale Köpfe, u.a. Günter Verheugen, von der FDP abzuwerben. Auch lockte die FDP die bekanntesten Sozialliberalen mit Partei- und Ministerämtern, sodass sich u.a. Gerhart Baum, Burkhard Hirsch und auch Hildegard Hamm-Brücher trotz aller Gegenbemühungen nicht den Liberalen Demokraten anschlossen.
Die Gründung der LD wurde somit vorwiegend von den Deutschen Jungdemokraten unterstützt, deren ehemalige führende Köpfe zu den ersten Leitfiguren der neuen Partei wurden. Der 2016 verstorbene Architekt Ulrich Krüger, später Ulrich Krüger-Limberger, ein ehemaliges DJD Mitglied, wurde zum ersten Bundesvorsitzenden der LD gewählt und der von 1978 bis 1982 stellv. Bundesvorsitzende der DJD Georg Hundt zum Bundesgeschäftsführer der LD ernannt.
Weitere Gründungsmitglieder mit DJD Vergangenheit waren die ehem. DJD-Bundesvorsitzenden Theo Schiller und Hanspeter Knirsch, die zuvor an einer Erneuerung der Freiburger Thesen zusammengearbeitet hatten, und auch Irmingard Schewe-Gerigk, die Jahre später bei den Grünen Karriere machen sollte. Als bekannteste Persönlichkeit der FDP ohne DJD Vergangenheit schloss sich der ehem. Berliner FDP-Landesvorsitzende und Alterspräsident des 6. Deutschen Bundestages William Borm der LD-Gründung an. Durch Übertritte von ehem. FDP-Mitgliedern oder zum Teil auch ganzer FDP-Fraktionen und Mitgliedern anderer Parteien konnten die LD bereits kurz nach Ihrer Gründung etliche kommunale Mandate erringen.
Das Gründungsprogramm der LD orientierte sich in Teilen an der von der FDP abgelehnten Überarbeitung der Freiburger Thesen durch Theo Schiller und Hanspeter Knirsch.
Auch Personen des öffentlichen Lebens begrüßten die Gründung der Liberalen Demokraten als Vorkämpfer für den Sozialliberalismus in Deutschland, so z.B. die 1986 verstorbene Autorin und Menschenrechtsaktivistin Ingeborg Drewitz.
Aller Anfang ist schwer – Die 1980er Jahre
Programmatisch profilierten sich die LD vor allem als Bürgerrechtspartei, die für Datenschutz eintrat, die geplante Volkszählung ablehnte und stattdessen vehement die „gläserne Verwaltung“ und einen Bürokratieabbau forderte. Sie setzten sich ein für die Streichung des § 175 und die Abschaffung des sogenannten Extremistenbeschlusses und traten 1985 mit dem Appell „Die Demokratie erneuern!“ an die Öffentlichkeit. Ein weiterer programmatischer Schwerpunkt war das Papier „Arbeit für alle“, welches eine weitreichende Neubewertung und Umverteilung der bezahlten Arbeit forderte.
In Bezug auf ihre eigene Organisation versuchten die LD, ein hohes Maß an parteiinterner Demokratie zu verwirklichen – die gelebte Basisdemokratie. Es galt von Anfang das Prinzip, dass auf Parteitagen alle Mitglieder sowohl Rede- als auch Stimmrecht besaßen. Die LD waren auch eine der ersten Parteien, die das Instrument der Urabstimmung zur internen Willensbildung nicht nur vorsahen, sondern im Vorfeld der Europa-Wahl 1984 auch einsetzten.
Zudem engagierten sich die LD in den meisten der neuen sozialen Bewegungen, gehörten unter anderem mehrere Jahre dem Bonner Koordinierungsbüro der Friedensbewegung an, waren aber auch in anderen Bündnissen als zuverlässiger Partner gefragt.
Im Rahmen des strukturellen Parteiaufbaus und der programmatischen Profilierung verzichtete man 1983 zunächst auf die Teilnahme an den Bundestagswahlen und rief zur Wahl der SPD oder anderer Parteien des Spektrums links der Mitte auf. Bei den folgenden Landtagswahlen in Bremen und Hessen im Herbst 1983 traten die LD hingegen an und erreichten Ergebnisse von ≤0,5 %. Diese Ergebnisse reichten nicht für eine Wahlkampfkostenerstattung aus und hinterließen einen Schuldenberg, der zunächst abgetragen werden musste. Aufgrund dessen verzichteten die LD im Rahmen der Urabstimmung mit knapper Mehrheit auf eine Teilnahme an den Europawahlen 1984 und mit dem damaligen Kanzler der Fern-Universität Hagen Ralf Bartz wurde nach Rücktritt des bisherigen Bundesvorstands ein neuer Bundesvorsitzender gewählt.
Parallel warben die finanzkräftigen und durch jüngste Wahlerfolge erstarkenden Grünen den LD nicht nur die DJD als unterstützende Jugendorganisation, sondern auch lokale Spitzenkandidaten, wie etwa Irmingard Schewe-Gerigk ab. Die DJD blieben nicht lange bei den Grünen und schlossen sich als unabhängige Jugendorganisation schließlich 1992 mit der ostdeutschen Junge Linke zur JD/JL zusammen.
Im Zuge dieser Ereignisse übten die LD erneut einen Wahlverzicht bei der Bundestagswahl 1987 aus, riefen erneut zur Wahl der SPD, oder lokal auch der Grünen, auf und konzentrierten sich stattdessen auf strukturelle Reformen und einen erneuten Ausbau der Mitgliederstruktur. Das Augenmerk wurde auf eine Teilnahme bei der Europawahl von 1989 gelegt. Allerdings scheiterten die LD auch durch organisatorische Fehler des Bundesvorstandes an der benötigten Zahl an Unterstützungsunterschriften, woraufhin dieser geschlossen zurücktrat.
Auch die Herausgabe der „liberalen drucksachen“ musste noch im Lauf der 80er-Jahre aus Einsparungsgründen beendet werden.
Was bringt die Wende? – Die 1990er-Jahre
Mit der Freiburger Kulturanthropologin Dr. Gabriele Safai wurde am 03. Juni 1989 erstmals eine Frau zur Bundesvorsitzenden der Liberalen Demokraten gewählt. Diese sollte, was damals niemand ahnen konnte, abgesehen von einer einjährigen Unterbrechung durch den Münchner Karl-Oskar Riemer von 1995 bis 1996, die Geschäfte der LD als Bundesvorsitzende bis ins neue Jahrtausend leiten.
Die Startbedingungen für den neuen Vorstand gestalteten sich jedoch als sehr schwierig, da bei der Räumung der bis dahin noch gemeinsam mit den Jungdemokraten gemieteten Bonner Bundesgeschäftsstelle längst nicht alle Unterlagen zur Verfügung standen und die tatsächliche finanzielle Lage der Partei erst nach und nach bekannt wurde.
Trotz angespannter finanzieller Lage gelang es jedoch, die Partei trotz fortwährendem Schuldenabbauprozess arbeitsfähig zu halten und auf die Zukunft auszurichten. So wurde die erste Teilnahme der LD an einer Bundestagswahl, der erstem gesamtdeutschen Bundestagswahl 1990, angestrebt. Der Bundeswahlleiter verweigerte der LD jedoch die Zulassung, obwohl für diese Wahl Unterstützungsunterschriften in mehr als ausreichender Menge gesammelt werden konnten und fristgerecht eingereicht wurden. Ein Einspruch gegen diese Entscheidung war erst nach der Wahl möglich gewesen, sodass die Teilnahme entfiel.
Durch ihre Involvierung in diversen sozialen und politischen Bewegungen kam es im Zuge des Mauerfalls schnell zu Kontakten zur LDPD und zum Bündnis ’90, von denen man sich viel erhoffte. Vor allem im Bündnis ’90 gab es Bestrebungen durch die Brandenburger Günther Nooke und Wolfgang Templin linksliberale Parteien der Bundesrepublik, namentlich der LD und der ödp, miteinzubeziehen. Auch der spätere SPD-Politiker und Ministerpräsident von Brandenburg Matthias Platzeck favorisierte eine Anbindung an die linksliberalen Kräfte der Bundesrepublik. Diese fanden allerdings durch das finanzkräftige Werben der Grünen keine Mehrheit und die LDPD wandte sich schließlich der FDP zu. Nooke, Templin und Platzeck traten in Folge aus dem Bündnis ’90 aus, aber nicht in die LD ein.
1991 erweiterten die Liberalen Demokraten schließlich ihren Parteinamen um den Passus „die Sozialliberalen“, um ihre programmatische Ausrichtung besser nach außen transportieren zu können. Im Rahmen ihrer Profilschärfung wurde auch der programmatische Ausbau vorangetrieben und mit dem Papier „Arbeit für alle 1995“ konnte ein progressives Programm präsentiert werden, das als Erstes in Deutschland nicht mehr die Vollbeschäftigung zum Ziel hatte oder als Allheilmittel für Wirtschaft und Arbeitsmarkt ansah. Im Mittelpunkt ihrer politischen Arbeit standen nun die Wahrung der Menschenrechte, der Umwelt- und Klimaschutz und die soziale Gerechtigkeit. Marktwirtschaft und Eigentum betrachten die LD lediglich als Mittel zum Zweck der Wahrung und Mehrung menschlicher Freiheit und nicht wie die etablierten Parteien als Selbstzweck. Des Weiteren treten sie für die Abschaffung der Fünf-Prozent-Hürde bei Wahlen ein.
Zeitweilig hatten die LD in Berlin einen Landtagsabgeordneten, als im Jahre 1992 Hans Schwenke vom Neuen Forum zu den LD übertrat. Ansonsten konnten sie auch in den 1990er-Jahren weiterhin verschiedene kommunale Mandate erringen, so u.a. in Heidelberg, welches sie erst 1999 verloren. Danach traten die verbliebenen LD-Mitglieder, wie Arnulf Weiler-Lorentz, auf der Liste der „Bunten Linke Heidelberg“ an und konnten noch für viele Jahre als Listenkandidat ein Stadtratsmandat erzielen, welches allerdings nicht mehr für die LD gewertet wurde.
Neues Jahrtausend, neues Logo, neue Chancen? – Die 2000er Jahre
Im Zuge der Teilnahme an der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Jahre 2005 konnte nicht nur der inzwischen verlorene rechtliche Parteienstatus wiederhergestellt, sondern auch durch den Bundesvorstand endlich die vollständige Schuldenfreiheit verkündet werden. Durch die Aufrechterhaltung des Parteibetriebes hatte sich die Entschuldung über die Jahre verzögert, konnte allerdings dennoch aus Eigenleistung und in Eigenregie ohne ein Insolvenzverfahren bewerkstelligt werden.
Ende 2006 beantragten die LD die Aufnahme in das Weltbündnis Ökologischer Parteien (WEP), welche jedoch von der Mehrheit der Mitgliedsorganisationen abgelehnt wurde.
Die LD suchten wieder verstärkt auf bestimmte Projekte bezogene Zusammenarbeit mit verschiedenen lokalen Initiativen ebenso wie die Beteiligung an internationalen Bündnissen, z.B. die Stiftung Holocaust-Museum und die Europäische Anti-Atom-Plattform. Im Jahr 2007 unterstützten die LD etwa den internationalen Aufruf gegen den EPR-Reaktor in Frankreich ebenso wie den Aufruf zu Demonstrationen anlässlich des G8-Gipfels in Heiligendamm. Auch gab es weiterhin Kontakte zu anderen Parteien, so u.a. zur Verbraucherschutzpartei und deren Vorsitzendem Alexander Drews.
2007 gaben sich die Liberalen Demokraten – die Sozialliberalen – LD anlässlich ihres 25-jährigen Jubiläums schließlich ein neues Logo, das endlich den Namensbestandteil „die Sozialliberalen“ beinhaltete und im Rahmen der begonnenen Wahlteilnahmen und der Schuldenfreiheit für einen Neuanfang stehen sollte.
Gleichzeitig konzentrierte man sich mehr auf die beiden aktiven Landesverbände in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg und bemühte sich um eine Verjüngung der Partei. Deswegen wurde auch im Übergang der 2000er in die 2010er-Jahre damit begonnen, Social-Media-Kanäle aufzubauen und mit Inhalten zu bespielen.
Am 8. November 2008 schließlich löste mit dem Leonberger Diplom-Physiker und langjährigen Betriebsratsvorsitzenden bei Bosch Bernd Grothkopp ein Gründungsmitglied Frau Dr. Safai nach fast 20 Jahren im Bundesvorsitz ab. Unter dem neuen Vorstand sollte in den folgenden Jahren die Einigung der sozialliberalen Kräfte mehr in den Vordergrund rücken.
Außerdem hob man den Bezug zu den Freiburger Thesen wieder stärker ins programmatische Profil der Partei und aktualisierte das Grundsatzprogramm, um auf dessen Basis nach und nach das Parteiprogramm vervollständigen zu können. Auch machte man das bedingungslose Grundeinkommen, welches schon länger verfolgt wurde, zur führenden und dringendsten sozialliberalen Forderung.
Zudem trat man 2004 und 2009 in Köln mit dem Wahlkreiskandidaten Günter Pröhl zur Kommunalwahl an.
Versuche sozialliberaler Einigung – die 2010er Jahre
Die 2010er-Jahre sollten für die LD vorwiegend im Zeichen der Bemühung um Einigung des zersplitterten links- bzw. sozialliberalen Parteienspektrums stehen. Sowohl unter Bernd Grothkopp als auch unter dem zwischenzeitlichen Bundesvorsitzenden (2011-2014) Rainer Schlitt, Unternehmer aus Kirtorf, wuchsen die Bestrebungen Kontakte mit weiteren Parteien und Gruppierungen dieses Spektrums aufzunehmen.
Parallel wurden aber auch weiterhin eigene Wahlteilnahmen geplant und in die Tat umgesetzt. Hier war weiterhin der zu diesem Zeitpunkt mitgliederstärkste Landesverband in Nordrhein-Westfalen mit seiner Ortsgruppe in Köln die treibende und ausführende Kraft. Die Teilnahme an der Landtagswahl 2010 in NRW mit einer Landesliste scheiterte knapp an einer nicht ausreichenden Anzahl an Unterstützungsunterschriften. Jedoch konnte Günter Pröhl als Wahlkreiskandidat in Köln-Mülheim ein Ergebnis von 0,2 % erzielen. Bei der vorgezogenen Landtagswahl 2012 verzichtete man aufgrund der kurzen Vorlaufzeit auf die Aufstellung einer Landesliste und Günter Pröhl konnte erneut ein Ergebnis von 0,2 % im Wahlkreis Köln-Mülheim erzielen und dabei die absolute Stimmenzahl um 30 % im Vergleich zu 2010 steigern.
Im Rahmen eines außerordentlichen Parteitages in Bad Rothenfelde begingen die Liberalen Demokraten schließlich im Jahre 2012 ihr 30-jähriges Jubiläum und zählen seither zu den langlebigsten Kleinparteien Deutschlands.
Gleichzeitig schritt auch der programmatische Ausbau voran. So trat man nun auch für die Abschaffung des Bildungsföderalismus ein, indem man ein bundesweit einheitliches Gesamtschulsystem und somit eine grundlegende Überarbeitung des kränkelnden Bildungssystems fordert. Zudem sprach man sich, entsprechend der Bewertungen des Expertennetzwerks „Schildower Kreis“, für eine Legalisierung von Rauschmitteln aus und legte hierfür einen konkreten entsprechenden Vorschlag vor, wie dieses umgesetzt werden könnte. Außerdem wurde ein Programmpapier zur ganzheitlichen Familienpolitik beschlossen, welches nicht nur die getrennte Betrachtung von Jugend, Familie und Senioren aufhebt, sondern auch das klassische Familienbild „Vater-Mutter-Kind“ nicht mehr ins Zentrum stellt. Ziel dieser Politik sind auch alleinerziehende Väter und Mütter sowie gleichgeschlechtliche Paare, die in der Politik der etablierten Parteien oftmals nur eine Randnotiz darstellen.
Ab Mitte der 2010er-Jahre intensivierten sich letztlich die Kontakte mit weiteren sozialliberalen Gruppen. Diese gestalteten sich jedoch durch laufende Vorstandswechsel bei den beteiligten Gruppierungen als langwierig und schwierig, da oftmals wieder bei null gestartet werden musste.
So erzielte man bereits zum Jahresbeginn 2015 mit den Bundesvorsitzenden der neu gegründeten Neuen Liberalen Najib Karim und der Verbraucherschutzpartei Alexander Drews die Übereinkunft über einen Zusammenschluss zu verhandeln. Die fruchtbaren Verhandlungen brachen jedoch jäh ab, als die Neuen Liberalen einen neuen Bundesvorstand erhielten. Erst Ende 2016 konnten die Gespräche mit den Neuen Liberalen wieder aufgenommen werden als auch die Piratenpartei, die Partei der Humanisten, die Transhumane Partei sowie der linksliberale Arbeitskreis der Linksjugend „YourTurn“ neben der Verbraucherschutzpartei mit an Bord waren. In diesem Zusammenhang konnte am 21. März 2017 die gemeinsame „Sozialliberale Erklärung“ im Rahmen einer Pressekonferenz veröffentlicht werden. Diese sah vor, dass sich die beteiligten Parteien von nun an um lokale und bundesweite Kooperationen mit Ziel eines Zusammenschlusses bemühen wollten.
Durch Vorstandswechsel bei den Partnern zogen sich jedoch nach und nach einzelne Gruppierungen zurück. Ein führendes Argument war oft, doch lieber eine eigene Wahlteilnahme als eine gemeinsame Wahlteilnahme bei den anstehenden Landtagswahlen und der Europawahl versuchen zu wollen.
Da die beteiligten Partner nicht an gemeinsamen Wahlteilnahmen interessiert waren, traten die LD erneut mit ihrem Wahlkreiskandidaten Günter Pröhl in Köln-Mülheim zur Landtagswahl 2017 in NRW an und erreichten erneut ein Ergebnis von 0,2 %.
Nach Meinung der Liberalen Demokraten wurde hier eine große Chance der Einigung wegen parteipolitischen Einzelinteressen vertan, nachdem keine der beteiligten Partner bei diesen Wahlen die von ihr erhofften Ergebnisse einfahren konnte. Mit vereinten Kräften wären bessere Ergebnisse absehbar gewesen, allein wenn man die erhaltenen Stimmen addiert.
Die Verbraucherschutzpartei löste sich zwischenzeitlich auf und Einzelmitglieder, unter ihnen ihr Vorsitzender Alexander Drews, traten in die LD ein.
Nach der Europawahl 2019 versuchten die LD die auf Eis gelegten Kontakte wieder aufleben zu lassen, sahen sich jedoch erneut Vorstandswechseln bei den beteiligten Parteien und Gruppierungen konfrontiert. Das Interesse dieser Vorstände an der gemeinsamen „Sozialliberalen Erklärung“ anzuknüpfen, waren leider nur gering. Auch musste man feststellen, dass sich die Neuen Liberalen zwischenzeitlich widerrechtlich (§4 PartG) in „Die Sozialliberalen“ und somit einem festen Namensbestandteil der LD umbenannt hatten.
LD 2.0 – die 2020er-Jahre
Im Juli 2020 wurde schließlich die „Sozialliberale Erklärung“ einseitig von den ehem. Neuen Liberalen aufgekündigt. Der Arbeitskreis YourTurn hatte sich aufgelöst und auch die Piratenpartei sowie die Partei der Humanisten und die Transhumane Partei scheinen nicht weiter an diese Erklärung anknüpfen zu wollen, da Versuche der erneuten Kontaktaufnahme seitens der LD bei den anderen im Sande verliefen. Man bemüht sich bei den LD jedoch weiterhin aktiv um Kontakte zu Organisationen des sozialliberalen Spektrums.
Angesichts dessen entschieden sich die Liberalen Demokraten dazu, auch bestärkt durch Neueintritte und Übertritte aus anderen Parteien, u.a. einem Großteil des Landesverbandes Berlin der ehem. Neuen Liberalen um deren ex-Bundesvorsitzenden Dieter Schulz, ihre Parteistrukturen auszubauen.
So gründete sich im Herbst 2020 der Landesverband Berlin. Die geplante Gründung des Landesverbandes Niedersachsen musste bedingt durch die Coronapandemie auf das Frühjahr 2021 verschoben werden. Der Landesverband Berlin strebt Wahlteilnahmen bei Bundestags- und Landtagswahlen wie auch Kommunalwahlen an.
Zum Zeichen dieses Aufbruchs gaben sich die LD erneut ein neues modernes Logo, bei dem auch die Vogelsymbolik, die bereits in den 80er-Jahren durch Nutzung einer weißen Friedenstaube als Additiv zum damaligen Logo genutzt wurde, ihre Rückkehr feiert. Gleichzeitig erhielten auch die Webauftritte der LD eine Überarbeitung im Rahmen eines einheitlichen Corporate Design.
Außerdem konnte der programmatische Ausbau weiter vorangebracht werden. So wurde nicht nur mit den „Sozialliberalen Leitgedanken“ ein neues aktualisiertes Grundsatzpapier verabschiedet, welches zunächst das alte Grundsatzprogramm ablöste, sondern im Folgenden auch nach etlichen Jahren wieder ein vollständiges und umfassendes Parteiprogramm, das alle politischen Bereiche abdeckt, erarbeitet und beschlossen. Mit diesem neuen Programm gelang den Liberalen Demokraten, den sozialliberalen und ökologischen Geist der Freiburger Thesen in die aktuelle Zeit zu übertragen und damit weiter progressiv zu bleiben.
Zeitgleich wurde der Einsatz im Social Media-Bereich ausgebaut und der Arbeitsprozess der Partei weiter digitalisiert.
In diesem Zusammenhang fand nicht nur der erste Online-Parteitag der Liberalen Demokraten im Herbst 2020 statt, sondern es werden seitdem auch möglichst monatlich Cyberstammtische des Bundesverbandes für die Mitglieder und Interessierte angeboten.
Die Liberalen Demokraten gehen zuversichtlich und gestärkt ihrem 40-jährigen Bestehen am 28. November 2022 entgegen.