Die schwarz-rote Koalition nennt es den „Herbst der Reformen“, doch was wir in den Beschlüssen des Koalitionsausschusses lesen, ist kein Aufbruch, sondern eine Rolle rückwärts. Die geplante „Neue Grundsicherung“ ist nicht nur ein sozialpolitischer Rückschritt – sie ist ein Verrat an dem Versprechen unserer Gesellschaft, für die einzustehen, die auf ihrem Lebensweg einmal stolpern und ihre Würde zu sichern.
Die geplanten Sanktionen bis hin zur kompletten Streichung der Leistungen sind mehr als verfassungsrechtlich bedenklich – sie sind ein Anschlag auf die Menschenwürde. Das Bundesverfassungsgericht hat das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel 1 Absatz 1 GG abgeleitet. Nicht als politische Verhandlungsmasse, sondern als unveräußerliche Garantie. Eine Politik, die diese Grenzen bewusst überschreitet, demonstriert keine Handlungsstärke – sie demonstriert Verachtung für die Würde derer, die sie eigentlich schützen sollte.
Rechtsstaatlichkeit bedeutet, verfassungsrechtliche Grenzen als Ausdruck fundamentaler Werte zu respektieren und sie nicht als ärgerliche Erschwernisse beim Regieren beiseitezuschieben. Dass der eigene Beschluss verfassungswidrig ist, muss den Regierenden bewusst sein. Dennoch will die Regierung diesen Weg gehen. Dieses Regieren auf Kollisionskurs mit Karlsruhe ist verantwortungslos und unehrlich.
Die Koalition will grundsätzlich zum Prinzip „Vermittlung geht vor Qualifizierung“ zurückkehren – und ignoriert damit die Realität des 21. Jahrhunderts. In Zeiten massiven Fachkräftemangels, tiefgreifender Transformation durch Digitalisierung und Dekarbonisierung Menschen in prekäre, perspektivlose Jobs zu drängen, ist nicht nur sozial kurzsichtig, sondern ökonomisch irrational.
Die Evaluationsergebnisse zum Bürgergeld zeigen, dass nachhaltige Qualifizierung funktioniert, wenn man ihr Zeit gibt. Statt diese Erkenntnisse zu nutzen, rollt die Koalition die Reform zurück, bevor sie vollständig evaluiert wurde. Das ist das Gegenteil von evidenzbasierter, pragmatischer Politik – es ist Ideologie im schlechtesten Sinne.
Die politische Rhetorik suggeriert einen Kampf gegen „Totalverweigerer“. Die Realität ist eine andere: Getroffen werden Alleinerziehende ohne Kita-Platz, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, ältere Arbeitnehmer mit überholten Qualifikationen. Studien zeigen: Das meiste Geld versickert nicht bei vermeintlichen Faulenzern, sondern in der Verwaltungsbürokratie.
Die wahre Ungerechtigkeit ist nicht das Bürgergeld – es ist der Niedriglohnsektor, der Menschen trotz Vollzeitarbeit in die Aufstockung zwingt. Es ist die fehlende Kinderbetreuung, die Alleinerziehende an der Arbeitsaufnahme hindert. Es ist die mangelnde Qualifizierung, die Menschen in prekärer Beschäftigung festhält.
Unser Gegenentwurf: Das faire Grundeinkommen
Wir Liberale Demokraten haben eine klare Alternative: das faire Grundeinkommen. Es ist keine utopische Träumerei, sondern eine pragmatische Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit – ein Modell, das wir seit Jahrzehnten als eine unserer wichtigsten Forderungen anführen.
Das Modell
Wir bündeln die meisten Sozialleistungen in einem Grundbetrag über der Armutsgrenze. Jeder Mensch in Deutschland erhält dieses Grundeinkommen – ohne Bedürftigkeitsprüfungen, ohne Sanktionsdrohungen, ohne bürokratische Hürden. Es funktioniert wie eine „negative Steuer“: Es wird zunächst an alle Bürger*innen ausgezahlt und ein neuer, zusätzlicher Einkommenssteuersatz greift es dann Stück für Stück bei höheren Einkommen wieder ab. So steht es allen sofort zur Verfügung, kommt aber unterm Strich nur dort an, wo es gebraucht wird.
Die Prinzipien
Erstens: Hinzuverdienst lohnt sich immer. Bei unserem fairen Grundeinkommen lohnt sich Hinzuverdienst immer und lässt Raum für selbstbestimmtes Leben. Unser Modell garantiert: Jede Stunde Arbeit, jeder Euro Hinzuverdienst verbessert die finanzielle Situation spürbar. Das schafft echte Anreize, ohne Menschen mit Sanktionen zu drohen.
Zweitens: Bildung als lebenslanger Prozess. Statt Menschen in jeden verfügbaren Job zu pressen, investieren wir massiv in Qualifizierung. Ein Recht auf gute, bedürfnisgerechte Bildung auf dem gesamten Lebensweg ist hierfür ein zentraler Baustein. Das Grundeinkommen ermöglicht Menschen, sich weiterzubilden, umzuschulen, neue Kompetenzen zu erwerben – ohne existenzielle Angst. Das ist nicht nur menschlich geboten, sondern ökonomisch klug: Qualifizierte Arbeitskräfte fehlen überall, ungelernte Jobs werden zunehmend automatisiert.
Drittens: Würde statt Kontrolle. Keine Sanktionen, die Menschen unter das Existenzminimum drücken. Keine entwürdigenden Bedürftigkeitsprüfungen. Keine Überwachung des Privatlebens. Das Grundeinkommen ist ein Recht, kein Almosen. Es respektiert die Würde jedes Menschen – denn wir arbeiten auf eine Gesellschaft hin, die ihren Mitgliedern ein Leben in Würde garantiert, die sich um Bedürftige kümmert und schlechter Gestellte zu einem selbstbestimmten wirtschaftlichen Aufstieg befähigt.
Unsere Verantwortung
Die neue Grundsicherung ist ein Test: Vertrauen wir als Gesellschaft einander? Können wir Würde über Kontrolle stellen? Können wir die Freiheit aller über die Ängste einiger stellen?
Wir Liberale Demokraten haben unsere Antwort gegeben: Ja, können wir. Und ja, müssen wir. Denn wahre Freiheit – die größtmögliche Freiheit für die größtmögliche Anzahl an Menschen – ist nur möglich, wenn niemand in Not und Armut zurückgelassen wird.
Die Alternative zur Symbolpolitik ist nicht Naivität, sondern Vision. Nicht Träumerei, sondern radikale Reform. Nicht Verwaltung von Armut, sondern Befreiung aus ihr.
Diese Grundsicherungsreform wird scheitern – an der Verfassung, an der Realität, an den Menschen. Wenn sie scheitert, werden wir da sein. Mit einem Gegenentwurf, der Freiheit ernst nimmt. Mit einem Plan, der Menschen ermächtigt. Mit einer Vision, die Zukunft hat.
Wir suchen keine schnellen Siege, sondern nachhaltige, bedeutungsvolle Veränderung, die Bürger*innen ermächtigt und demokratische Teilhabe neu belebt. Durch die Herausforderung etablierter politischer Narrative und das Angebot echter Alternativen zeigen wir, dass prinzipientreue Politik eine Zukunft hat.
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